Traum oder Wirklichkeit, Schicksal oder Zufall, Zeit oder Unendlichkeit – in fünf Abschnitten veranschaulicht der bewusstseinsforschende Gottfried Sumser diese Phänomene in unterschiedlichen Dialogszenen. Ist unser Leben ein Fluss, dem es nur gilt, zu folgen? Wann glauben wir, der Handelnde zu sein, und wann geschieht einfach, was geschieht?
von Gottfried Sumser
“Was auch immer geschehen ist, war schon vorher da, und was geschehen soll, ist schon geschehen.” AT Koh 3,15 Buch Kohelet
„Akzeptiere deine Bestimmung“, rief meine Lehrerin mir zu, während sie das Holz spaltete.
Wie soll ich das tun, ich habe keine Ahnung, wie das geht, geschweige, was ich Sinnvolles mit meinem Leben anfangen soll?
Während sie eine Pause einlegte, sich auf die Axt lehnte und mir ihren durchdringenden Blick zuwarf, sagte sie:
„Du tust es bereits, du hast keine Alternative, als dem Schicksal zu folgen, was du daraus machst, das allerdings ist deine freie Wahl. Deshalb frage dich nicht mehr, was du tun sollst, sondern wie. Das wie ist das alles Entscheidende, es trennt die Spreu vom Weizen. Handhabst du die Dinge, weil du glaubst, sie entsprechen deinen eigenen Ideen, wirst du Mangel leiden, weil deine Überlegungen aufgrund des menschlichen Wahrnehmungsspektrums unvollkommen sind. Vollkommenheit kann nur aus Vollkommenheit erblühen, weil es dort keine Zweifel gibt.“
Das kleine „Ich“
Heißt das, ich folge schon immer einem größeren Ganzen und habe es bisher noch nicht bemerkt? Mit all dem Mist, den ich verursacht habe und den Schmerzen, die ich anderen zuführte, konnte ich mir das nicht vorstellen.
„Ja so ist es. Das kleine „Ich“ ist der Ansicht, große oder belanglose Dinge bewirken zu können, Erfindungen in die Welt zu bringen, Erfolg, Heilung, Gesundheit und dergleichen mehr zu bewirken. Das ist die kolossale Täuschung, der du immer noch unterliegst. Nichts dergleichen wurde jemals durch den Menschen gemacht, sondern immer vom großen „ICH“, das nach wie vor durch jeden von uns wirksam ist“.
Das kühlende Nass am nahe gelegenen See half mir, das eben Gesagte zu verdauen. Im Wasser erinnerte ich mich an eine Passage aus dem “Kurs in Wundern”, in der es hieß…
Zeit ist ein Kunstgriff
…„Zeit ist ein Kunstgriff, ein Taschenspielertrick, eine Riesenillusion, in der Figuren wie durch Zauberei kommen und gehen. Doch hinter den Erscheinungen gibt es einen Plan, der sich nicht ändert. Das Drehbuch ist geschrieben. Wann die Erfahrung eintreten wird, um dein Zweifeln zu beenden, das steht fest. Denn wir sehen die Reise nur von jenem Punkt, wo sie geendet hat, indem wir auf sie zurückblicken und uns einbilden, wir würden sie noch einmal unternehmen und im Geist Revue passieren lassen, was vergangen ist“.
Bis zum Abend ließen mich diese Sätze nicht mehr los.
Angenommen das ist so. Wie angstbesessen und verrückt bin ich bisher durch diese Welt gerannt! Wollte dieses, und jenes erreichen, Bestimmung finden, ohne zu erkennen, dass es viel einfacher ist, die Hände vom Ruder zu nehmen, mich zurückzulehnen, und die sanfte Briese zu geniessen. Der große Plan ist durch mich wirksam!
Die Reise
Während wir das Abendessen zubereiteten, war ich still und sann meinen Gedanken nach. Zu Tisch fing Gracia, unvermittelt an zu sprechen:
„Dein Leben ist eine Reise, dessen Ziel schon vorgegeben ist. Wie du diese Reise erlebst, ist deine Wahl. Du bist geistig verstopft und bemerkst es nicht, schlimmer noch, du behauptest, deine Verstopfung sei Freiheit und bist der irrtümlichen Ansicht, dass dies niemand mitbekommen würde. Dir entgeht das ewige Kontinuum, weil du in deine Vergangenheit zu sehr verliebt bist. Das macht deine Fantasievorstellung wahr. Deine Traumgestalten und das, was sie tun, sind es, die deine sekundäre Wirklichkeit zu machen scheinen. Du bemerkst nicht, dass du sie für dich ausagieren lässt, denn würdest du es bemerken, läge die Schuld nicht mehr bei ihnen, und deine egozentrische Selbstverliebtheit wäre dahin.”
Ich fühlte mich angegriffen, mein Verstand versuchte das einzuordnen, um noch einen kleinen Fetzen der Sicherheit zu erhaschen. Trotzig erwiderte ich: Mein Leben soll ein Traum sein? Schau hier ist ein Tisch, den kann ich anfassen, du sitzt hier, ich kann dich sehen und hören, das ist Realität!
„Du wechselst von einer Fantasievorstellung in die nächste, ohne Notiz davon zu nehmen oder dieses offensichtliche Geschehen zu hinterfragen. Deine Selbsttäuschungen gestrige Nacht, in der du Angst hattest, Lachen konntest, tollste Sexfantasien auslebtest, unterscheiden sich nicht von deinem sogenannten Wachzustand“.
So langsam begriff ich: Alle möglichen Erfahrungen sind schon angelegt. Ich kann mich demgemäß ihnen öffnen, indem ich allem Raum gebe, oder verschließen, indem ich weiterhin Widerstand leiste.
Meine Bestimmung dient meinem Erwachen
Mir steht weiterhin nichts im Wege außer meiner Ungeduld und der Auffassung, dies oder jenes sollte anders sein.
Die ganze Show, dass was ich Leben nenne, ist bereits abgedreht. Mein Körper spielt darin seine Rolle. Jede Person tut immer genau das, was sie tun soll. Meine Rolle wird also perfekt gespielt. Daraus folgt: Ich bin genauso gedacht, wie ich sein soll, an genau dem Punkt, wo ich sein soll und alles, was ich bisher getan habe und weiterhin tue, ist meine Bestimmung. Welche Befreiung!
Literatur des Autors:
Gottfried Sumser: „Der Flug des Adlers“
Verlag: 2015 BookFab
Umfang: 168 Seiten
Preis: 14,90€
ISBN: 9783945480137
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Über Gottfried Sumser
Gottfried Sumser fand vor ca. 30 Jahren zum „Kurs in Wundern“. Dieses Werk hat seine Wirklichkeit auf neue Ebenen gestellt. Seit vielen Jahren leitet er Seminare und empfindet sich als Menschenbegleiter.