Derwische, freie (pers., türk. „Bettler“)
Das Wort „Derwisch“ folgt der Idee von den „Armen im Geiste“, was natürlich nicht „dumm“, sondern vielmehr „offen für spirituelle Einsichten“ bedeutet. Die Mehrheit der Sufis und Derwische gehört zu den großen, wohl organisierten und orthodox geprägten Bruderschaften (→ Sufi-Orden). Eine Minderheit, die sich von den Zwängen und der Strenggläubigkeit der islamischen Orthodoxie gelöst hat, sind die „freien“ Derwische und Ekstatiker, die auch Fakire genannt werden (von arab. faqr, „Armut“). Sie führen ein freies, ungebundenes Leben, genießen häufig → psychoaktive Pflanzen wie Haschisch und suchen durch Musik, Tanz usw. die Ekstase. Viele von ihnen ziehen als wandernde Derwische und Bettler durch die Länder.
Im Arab. werden sie auch als bi-shar („ohne das Gesetz“) bezeichnet. Anders als der orthodoxe Gläubige oder Angehörige eines der Derwischorden lebt der bishar meist ohne familiäre Bindungen und festen Wohnsitz. Diese besondere Form des Sufismus hat sich hauptsächlich in Pakistan und Indien entwickelt, es gibt sie aber auch bei südlichen Sufis. Auf dem indischen Kontinent hat sie starke Verbindungen zum hinduist. → Sannyasin und dessen spirituellem Verständnis. Von dort wurden Atemtechniken und Yoga-Übungen sowie volkstümliche Formen der Verehrung (→ Bhakti-Yoga) und sogar magische Praktiken übernommen. Besonders bei den umherziehenden qalandaris zeigt sich der Einfluss des verbreiteten shivaistischen → Nath-Kultes (→ Malamati). Siehe auch: → Sufismus.