Gandhi, Mahatma (1869-1948)
Typischer Vertreter des → Karma-Yoga, das er als zentrale Lehre der Gita betrachtete:
„Wer nicht handelt, wird erniedrigt. Wer auf die Belohnung verzichtet, wird erhöht. Aber Verzicht auf Lohn bedeutet keinesfalls Gleichgültigkeit gegenüber dem Ergebnis. Bei jeder Handlung muss man das erwartete Ergebnis kennen, die Mittel dazu und die eigenen Fähigkeiten. Jemand, der dazu fähig ist, der sich nicht nach dem Ergebnis sehnt und der sich völlig der vor ihm liegenden Aufgabe widmet, über den kann man sagen, er habe auf den Lohn seines Handelns verzichtet.“ (Mahatma Gandhi, in: Michael Blume 1987)
Die Grundsätze von Gandhis Lebensphilosophie sind: Selbstauferlegte körperliche Zurückhaltung ist eine Bedingung, die der geistigen Zurückhaltung vorangeht. Körperbeherrschung sollte vollkommen freiwillig sein. Karma-Yoga ist der → Yoga, der das → Selbst von der Bindung durch den Körper befreit, und dabei ist kein Platz für Nachlässigkeit gegenüber sich selbst. „Erfülle die dir zugewiesene Aufgabe, denn Handeln ist höher als Nichthandeln. Mit Nichthandeln ist selbst der normale Lauf des Lebens nicht möglich“ (zitiert in Michael Blume 1987).
Sein Verhältnis zur Arbeit stellte Gandhi so dar: „Vor Gott wird die Arbeit des Menschen nach dem Geist beurteilt, in dem sie ausgeführt worden ist, nicht nach der Art der Arbeit, wie auch immer diese sein mag. Wer auch immer in einem Geist der Hingabe handelt, qualifiziert sich selbst für die Erlösung“ (zitiert in Michael Blume 1987).
Blume fasst Gandhis Karma-Yoga folgendermaßen zusammen:
„Auf praktische Erfahrung in seinen Experimenten mit der Wahrheit, die Vernunft und seine innere Stimme gestützt, entwickelte er im Laufe seines Lebens schrittweise sein eigenes → darshana, seinen eigenen Weg der Selbstverwirklichung: Um das Ziel, moksha, zu erreichen, muss ich getreu meinem eigenen Weg, meiner eigenen Pflicht, svadharma, folgen. Der svadharma besteht aus anasaktiyoga, selbstlosem Handeln, der das höchste Opfer, yajna, für das Wohl der gesamten Welt, lokasamgraha oder sarvodaya, ist. Anasaktiyoga ist nur möglich durch Handeln und ist deshalb die höchste Form des karmayoga. Selbstloses Handeln im Dienst an der Schöpfung Gottes ist notwendigerweise mit dem Befolgen von satya, Wahrhaftigkeit, und ahimsa, Gewaltfreiheit, verbunden, ja setzt beide voraus und wird dadurch zu satyagraha. Um diesen äußerst schwierigen und schmalen Weg zu beschreiten, ist Hilfe durch Selbstdisziplin notwendig. Sie bieten → bhakti, tapas und brahmacharya: Gottesliebe, Askese und Selbstbeherrschung.“ (Michael Blume 1987)
In der Verbindung von individueller Heilsuche und sozialrevolutionärem Engagement zur Veränderung der Gesellschaft hat Gandhi eine neue Interpretation des Karma-Yoga hervorgebracht, die sicherlich in vielerlei Hinsicht für die heutige Zeit von größerer Bedeutung ist als die alte Interpretation der Kriegerkaste, bei der es nur um Pflichterfüllung ging.
Gandhi reiht sich daher ein in eine Reihe bedeutender neohinduist. Persönlichkeiten wie Mohan Roy, Tagore, Ramakrishna, Sri → Aurobindo und Radhakrishnan. Alle zeichnen sich darüber hinaus dadurch aus, dass sie die althergebrachte → brahmanische Kastenordnung überwinden wollten.