Wenn ein Buch in der heutigen Zeit mehr als 700 Seiten hat, so wie das Werk von Charles Eisenstein „Renaissance der Menschheit“, will der Leser verständlicherweise wissen, ob sich der Zeitaufwand lohnt und ob es ihn weiterbringt. Die Antwort ist eindeutig, ja.
Wer heute die Nachrichten hört oder sieht, wird konstant mit Krisen konfrontiert, egal ob ökonomisch, ökologisch, politisch, sozial oder moralisch. Anstrengungen, diese zu meistern, entpuppen sich oft als Tropfen auf den heißen Stein. Warum ist das so? Wie finden wir wieder heraus aus den Krisen, in denen wir offensichtlich stecken?
Die Antwort ist weder eindimensional noch einfach, sondern so vielschichtig, subtil und vernetzt und führt so unvorstellbar weit zurück in unsere Menschheitsgeschichte, dass es kein Wunder ist, dass der Philosoph und Mathematiker Charles Eisenstein ein wahrhaft titanisches Werk recherchiert und geschaffen hat.
Mit dem Buch „Renaissance de Menschheit“ begibt sich der Leser auf eine lange Reise zu den Anfängen unserer Kultur, durch die Geschichte und zu den Auslösern für den sich immer weiter öffnenden Bruch zwischen Mensch und Natur: die wahren Gründe der Krisen von heute – Entfremdung und Separation.
Der Bogen, den Eisensteins Werk spannt, und die Tiefe sind atemberaubend: Wissenschaft, Religion, Spiritualität, Technologie, Wirtschaft, Medizin, Erziehung oder Linguistik sind die Perspektiven, mit denen er das Thema Separation gekonnt einkreist – und gleichzeitig infrage stellt; denn gerade diese jahrtausendealten Methoden der Kontrolle haben uns zu dem gemacht, was wir heute sind – die Zerstörer unserer Lebensgrundlage, die Heraufbeschwörer der Krisen, die technologieüberzeugten Serientäter.
Charles Eisensteihn versteht es hervorragend, den Finger auf die Wunde zu legen, die wir nicht wahrhaben wollen. Als Beispiel der Austausch von Zeit gegen Geld, der uns unfähig gemacht hat, uns die Tugend und Freude, auf Gegenstände achtzugeben, noch leisten zu können; die Billigflut spart Zeit, macht aber unser Leben minderwertig. Von den packenden Erklärungen und verblüffenden Zusammenhängen wird kein Leser unberührt bleiben. Im Gegenteil: Der Autor bringt es fertig, jede intellektuelle Rechtfertigung für Geld, Besitz oder Kontrolle zu zerpflücken und als Ursachen für die Krisen zu enttarnen, ohne Zynismus, sondern mit viel Weisheit und Mitgefühl.
Für Charles Eisenstein bauen wir immer noch am Turm zu Babel, doch wir werden aufgrund des bevorstehenden Bankrotts der verschiedenen Systeme bald erkennen, dass der Himmel schon längst um uns ist. Diesen hoffnungsspendenden Zeichen widmet sich der Autor in seinem siebten Kapitel: Jenseits von New-Age-Interpretationen gibt es für ihn gültige Erkenntnisse und fundierte wissenschaftliche Forschung zum grenzenlosen Potenzial des Lebens. Nicht nur die DNA, sondern unsere gesamte Biologie enthält unberührte Potenziale, die auf Heilung, Schaffenskraft und umfangreichere Teilhabe an unserer kosmischen Bestimmung angewandt werden können.
Ein Buch, das uns am Fortschritt zweifeln lässt, falls wir das nicht schon längst tun, das uns kritisch macht und uns nachdenklich zurücklässt. Den Leser aber auch darin bestätigt, dass es überall wichtige Ansätze und Lösungen gibt, die wir nur bewusster betonen und anwenden müssen. Ein Buch, das den notwendigen und längst fälligen Aufstieg der Menschheit in einen universellen, gesünderen Bewusstseinszustand beschreibt.
Eine Rezension von Doris Iding
Gebundene Ausgabe: 784 Seiten
Verlag: Scorpio (9. Februar 2012)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3942166941
ISBN-13: 978-3942166942
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2 Kommentare
Charles Eisenstein hat zweifellos eine der Wurzeln unserer Zivilisationskrise bloßgelegt. Doch übersteigerte Objektivierung und Kontrolle der Natur sind nur die Oberfläche. Der Riss geht tiefer. Er ist schon in der Evolution angelegt, denn die schnelle Ausbreitung von Neuerungen bietet einen selektiven Vorteil. Den nützen wir durch immer kürzere Innovationszyklen im globalen Maßstab. Doch der Vorteil kehrt sich um, sobald eine Innovation durch die nächste ersetzt wird, bevor sie sich bewähren konnte. Von da an steigt die Fehlerquote mit jeder Neuerung exponentiell. Das System unserer zivilisatorischen Errungenschaften beginnt zu kippen und stürzt schließlich ab. Wir siegen uns buchstäblich zu Tode. Die „Fortschrittskrise“ bedeutet aber nicht notwendigerweise den Untergang unserer Zivilisation. Als „Speerspitze der Evolution“ sind wir, wenn wir imstande waren, die Krise herbeizuführen, wahrscheinlich auch fähig, schnell genug zu lernen, wie sie zu überwinden ist.
Das liest sich gut und macht neugierig, zumal der Autor den Bogen hier sehr umfassend spannt, wie es sich für das Verstehen des Gesamtbildes auch gehört.
Was ist eigentlich Fortschritt ? Es ist das beständige Fortschreiten von der Wirklichkeit, hinein in das Land der Ersatzbefriedigungen, die wir als Realität ansehen, als materielles Schlaraffenland, in dem die Bäume voller APPLE(S) hängen …
Gruß IP