Alt Sein: weise oder dement? – Stefanie Menzel

von Thomas

© margie / photocase.de

Eine Frau hat sich die Frage gestellt: Was kann ich selbst tun, um kraftvoll zu altern? Dass die Antwort weniger „Sport, alles Bio und Aktion“ bedeutet, sondern vielmehr das Stärken der inneren Entwicklung, wurde der Autorin bereits in ihrem Arbeitsbereich deutlich. Wie man weise statt dement werden kann, schildert sie an einem fruchtigen Beispiel.

von Stefanie Menzel

 

Vorige Woche habe ich, wie so oft, ein Seminar in einer Pflegeeinrichtung gegeben. Dabei nutzte ich die Gelegenheit, um mit einem älteren Herrn von 81 Jahren ins Gespräch zu kommen. Er nahm sich für mich Zeit und erzählte mir viele interessante Geschichten vom Krieg und wie er es geschafft hat, trotz der vielen schlimmen Kriegsbilder und Gefühle sein Leben aufzubauen. Er wurde ein wenig traurig. Er sei mit seiner Frau hier in das Heim eingezogen, weil sie dement war und es zu Hause nicht mehr zu handeln war mit ihr. Sie hatte einfach Alles vergessen, auch ihn und ihr ganzes gemeinsames Leben. Als sie dann vor drei Jahren gestorben ist, ist er im betreuten Wohnbereich des Hauses geblieben. Doch oft sitzt er stundenlang einfach nur da, denkt, grübelt, schläft, braucht Ruhe.

Und dann“, sagt er, „war ich auf einmal alt. Ich weiß nicht ganz genau, ab wann das so war, ich glaube irgendwann hat man mich nicht mehr ernst genommen! Alle um mich herum reden mit mir, als ob ich ein wenig dumm sei. Wie mit einem kleinen Kind. Dabei bin ich nicht dumm und habe noch soviel mitzuteilen, meine Erfahrungen, mein Leben, es war doch nicht sinnlos!?

Was bedeutet es, alt zu sein? Und warum tun wir uns so schwer mit dem Thema „Altwerden“? Ich denke, wir können vieles in unserem Leben lernen und an andere weitergeben. Aber ausgerechnet das Altwerden können wir nicht lernen, sondern müssen es selbst erfahren. Wir haben eine klare Vorstellung von dem, was wir im Alter nicht wollen: Langeweile haben, einsam sein, nicht gebraucht werden, nicht ernstgenommen werden, alleine sein, abhängig sein, bedürftig sein, krank sein.

Aus unseren mehr oder weniger bewährten, bisher gemachten Lebenserfahrungen und Beobachtungen stricken wir uns für unser Alter eine Perspektive, die uns vor diesen Damoklesschwertern schützen soll. Intensiver Sport, von Wandern über Biking bis hin zu Extremsportarten soll die Leistungskraft unseres Körpers stärken, Reisen sollen unsere Flexibilität erhalten, Gehirnakrobatik, Sudoku, Kreuzworträtsel sollen die grauen Zellen aktiv halten und Vitaminshakes und Aufbaupräparate den Körper von innen aufbauen. Lifting nimmt uns die äußere Sichtbarkeit des Alters, und der Vergleich mit den Berühmten dieser Welt in Fernsehen und Internet spornt uns zu immer neuen Ideen in diese fatale Richtung an. Und all das tun wir ausschließlich, weil wir eigentlich eine riesengroße Angst vor der Vergänglichkeit und dem Tod haben.

Dabei ist der Tod die einzige Sicherheit, die wir haben, sobald wir geboren sind. Wir wissen, wenn wir auf die Welt kommen, nicht, was auf uns zukommt, was wir erleben werden, wem wir begegnen, wie erfolgreich wir sein werden, ob wir krank werden, ob wir lieben, lachen oder weinen werden, aber wir wissen mit 100% iger Sicherheit, dass wir irgendwann sterben werden.

Zu diesem Thema gibt es natürlich viele schlaue Sprüche. Aber meine intensive Beschäftigung mit dem Thema Tod in all meinen Seminaren und Beratungen hat mir immer wieder eindrücklich gezeigt, dass ein Mensch nur richtig in seinem Leben ankommen kann, wenn er seine Endlichkeit, also den Tod, angenommen hat. Viele Menschen, die eine Nahtoderfahrung machen durften oder eine schwere Krankheit aus eigener Kraft überwunden haben, zeigen und beschreiben dies deutlich.

Es gibt jedoch auch andere und praktische Wege, in seinem Leben richtig anzukommen und es in vollen Zügen, bewusst bis zum Schluss zu genießen. In unserer Kultur fehlen leider hilfreiche Ansätze, das Leben als Gesamtkunstwerk zu betrachten. Ich möchte Ihnen deshalb hier die Sicht auf das Leben aus den komplexen Erkenntnissen der Heilenergetik zeigen.

In der heilenergetischen Arbeit betrachte ich das menschliche Leben ganzheitlich mit all den Facetten, die uns das Leben von Geburt bis zum Tod zeigen will. Auch wir als Menschen sind fraglos eingebunden in das ständige Werden und Vergehen auf diesem Planeten, und wenn wir diese Tatsache erkennen und annehmen, können wir uns entspannt zurücklehnen und das Leben in vollen Zügen genießen!

Stellen Sie sich einen kleinen Apfelkern vor. In diesem sind alle Informationen für einen neuen kleinen Baum gespeichert. Legen Sie ihn in die Erde und mit Sonnenschein, Wasser und den entsprechenden Mineralien aus dem Boden wird aus ihm ein Sprössling und später ein Baum, der selbst Früchte trägt, die wiederrum Kerne in die Welt bringen. Wenn wir uns auf einen reifen Apfel freuen, um ihn zu essen, dann sprechen wir von dem Apfel als knackige Frucht, den wir im Sommer genussvoll ernten können. Ich sehe es so, dass die eigentliche Reife des Apfels zu diesem Zeitpunkt erst beginnt. Er hat viele Informationen in seinem Fruchtfleisch gesammelt, die er jetzt in seinen Kernen verinnerlicht. Der Apfel selbst schrumpft, verliert an Knackigkeit und Saft und steckt seine ganze Energie in seine Kerne. Dann ist er reif, nämlich reif, um mit seinen Kernen den Zyklus von Werden und Vergehen am Laufen zu halten.

Und wir als Mensch? Auch wir beginnen unser Leben als kleines Wesen und benötigen, wie der Apfelkern, die passende Umgebung um richtig gedeihen zu können. Wir sammeln mit den Menschen und durch die Ereignisse im Leben unsere Erfahrungen, lernen, werden erzogen und bekommen von unseren Eltern und der Familie alle Informationen, um nach und nach immer stabiler zu werden und später alleine im Leben stehen zu können. Wir nehmen all das auf, was unsere Eltern für wichtig und sinnvoll halten und speichern es ab, um bei Gelegenheit darauf zugreifen zu können. Vieles davon ist wirklich wichtig, aber so Manches sind auch schmerzhafte und verletzende Dinge, die wir mitnehmen. Sind wir dann erwachsen, können wir zunächst aus dem Vollen schöpfen. Im besten Fall wissen wir genau was unser Potenzial ist und wir verdienen Geld, gründen eine Familie und machen Karriere.

Für mich ist das übertragen der Zustand des knackigen Apfels, den wir gerne verspeisen!

Oftmals kommen wir aber im Laufe des Lebens in Krisen. Wir werden krank, haben Probleme mit Mann, Frau oder Kindern, kommen mit den Finanzen nicht klar, rutschen ins Burnout, in eine Depression oder erleben, um es umfassend auszudrücken, die sogenannte Midlifekrise. Dann ist der Moment gekommen, in dem sich unser Leben neu entscheidet. Erkennen wir jetzt die Chance der Entwicklung?

Entwicklung würde aus heilenergetischer Sicht bedeuten, sich die alten Erfahrungen und die eigene Biografie genauer anzuschauen. Nichts im Leben geschieht sinn- oder zwecklos! Immer gestalten wir unser Leben aufbauend auf den erlebten Erfahrungen und Glaubenssätzen. Haben wir also eine Krise, gleich welcher Art, gibt es dazu eine Geschichte im eigenen Leben, die die Grundlage und gleichzeitig Ur-sache dazu ist.

Oder sehen wir das Leben statisch, so als ob Alles reiner Zufall ist, was wir erleben? Wenn wir erfolgreich sind, alles gut läuft und wir viel Geld verdienen, schreiben wir uns das auf das Konto: Ich hab’s halt drauf und weil ich so fleißig war, ernte ich jetzt den Erfolg!

Wenn wir aber im Beruf eine Entlassung erleben, die Partnerin sich trennen will, der Schuldenberg wächst, dann haken wir das Thema lieber ab als: Die Frau war eh nix für mich, der Chef mochte mich noch nie und alle Banker sind sowieso Halsabschneider!

Wie wäre es, wenn wir auch in diesen Fällen sagen: „Ich habs halt drauf und weil ich so bin wie ich bin ernte ich jetzt den Erfolg!“

 

Wenn wir auf diese Weise auf unser Leben schauen, werden wir schnell grundlegende Muster in unserer Biografie erkennen. Die Dinge, die wir jetzt gerade in unserem Leben erleben, geschehen nicht zufällig, sondern wir haben früh in unserer individuellen Lebensgeschichte bereits die Grundlagen für unser späteres Leben gesetzt, zum Beispiel durch Verletzungen und Ereignisse, die uns blockiert haben. Wir können diese alten Ereignisse fühlen und schauen, woher wir sie in unserer Lebensgeschichte kennen. So ist dann vielleicht der Schmerz, dass die Frau uns verlässt, bekannt aus unserer Kindheit, als Vater und Mutter sich getrennt haben. Der Schmerz sitzt an der gleichen Stelle im Körper und ist genauso stechend wie damals. Dann könnte man die damalige Wut auf die Mutter fühlen, ihr verzeihen und in Frieden mit ihr und sich selbst kommen. Der Verlassenheitsschmerz mit der Frau wird verständlich und kann sich durch die Bearbeitung lösen und in Folge kann man sich wohlwollend in gegenseitiger Achtung trennen.

Immer und ausnahmslos ist es so, dass unsere Gefühle, die wir im Augenblick fühlen, alte Emotionen aus unserer Kindheit anstoßen. Wir fühlen nie neu! Wenn wir die ursächlichen Verletzungen klären, werden wir nach und nach heil. Wir entwickeln uns, lernen aus dem Erlebten und reifen daran, statt im bloßen Vorwurf und in Projektionen des eigenen Schmerzes auf andere Personen stecken zu bleiben.

Das Leben ist mehr als eine Aneinanderreihung von Zufällen! Wir können unser eigenes Leben zu einem kreativen Kunstwerk gestalten, wenn wir erkennen, dass wir selbst die Gestaltungskraft und die Verantwortung für unser Leben in uns tragen.

Wir erkennen den roten Faden in unserer Lebensgeschichte, wir reifen und wandeln die gemachten Erfahrungen in neue Lebenskraft und werden so zu einem Menschen, von dem die Jungen gerne etwas hören wollen, weil wir authentisch werden. Wir erkennen nach und nach den Sinn im Leben und unsere spezielle Aufgabe, wir werden milde und betrachten die Ereignisse der Welt mit Weitsicht und Geduld. Und vor Allem, wir brauchen unser Leben dann nicht vor lauter Schmerz vergessen.

Und zum Schluss: der Apfel macht sich keine Gedanken, er reift einfach und gibt sich dem Lauf der Welt hin. Wir als Menschen aber haben die Möglichkeit und Freiheit durch und mit unserem Bewusstsein eine Entscheidung zu treffen.
Ist das nicht wundervoll? Worauf warten wir also noch?

Über Stefanie Menzel:

Die 57 jährige ist Mutter von vier erwachsenen Kindern und Begründerin der Heilenergetik und der Sinnanalytischen Aufstellungsarbeit. Sie ist Autorin, Dozentin, Therapeutin und Begleiterin für viele Menschen in den unterschiedlichsten Lebenssituationen. Die aus ihrer Hellsichtigkeit heraus entwickelte Lebensanschauung Heilenergetik, gibt spirituelle Ansätze und Lösungen speziell für die Menschen des westlichen Kulturkreises. Ziel ist, das eigene Leben nach den neuesten Erkenntnissen der Wissenschaft mit mehr Leichtigkeit aus einer spirituellen Weitsicht kraftvoll und gesund selbst zu gestalten.

Information zu ihren Seminaren, auch für das Pflegepersonal in Seniorenzentren in Kooperation mit der Eden-Alternative Deutschland, finden Sie auf ihrer Internetseite:
www.stefanie-menzel.com
www.eden-alternative.de
http://www.eden-alternative.de/seminare/

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