Channeling ist ein umstrittenes Phänomen. Manche Parapsychologen (→ Paranormal, Parapsychologie) und Wissenschaftler behaupten, dass die Botschaften aus dem Unterbewusstsein kommen, andere sagen, von einem höheren Bewusstsein, wiederum andere sprechen von „unverkörperten“ Wesenheiten. Für die Findhorn-Mitbegründerin Dorothy Maclean sind es Geistwesen, die über ein eingestimmtes höheres Selbst mit dem Medium kommunizieren: „Ja ich spreche mit → Engeln, hohen Wesen, deren Leben die gesamte Natur erfüllt und erschafft“ (Dorothy Maclean 1984). Aber sie betonte später, dass jeder, „der sich auf sein höheres Selbst einstimmt, sich damit auch auf die Engel einstimmt.“ Alice → Bailey versetzte sich „in einen Zustand gespannter, unbedingter Aufmerksamkeit. Ich bleibe im Besitz meiner Sinne, und es ist nichts Automatisches an meiner Tätigkeit. Ich höre einfach zu und notiere die Worte, die ich höre, und zeichne meine Gedanken auf, die einer nach dem anderen in mein Gehirn fallengelassen werden“ (Alice Bailey).
Die gängige parapsychologische Theorie, inhaltlich zutreffende und genau gechannelte Botschaften zu erklären, lautet, dass das Medium die entsprechenden Informationen durch unbewusste Telepathie oder außersinnliche Wahrnehmung dem Unbewussten anderer lebender Menschen entnimmt. In der Regel handelt es sich dabei um den Teilnehmer, der sich um Kontakt mit dem Verstorbenen bemüht (→ Magie). Es gibt aber auch Fälle, die schwieriger zu erklären sind. Eine andere Theorie ist die der gespaltenen Persönlichkeit. Allerdings können die meisten Medien im Gegensatz zu Schizophrenen besser damit umgehen.
Im psychologischen Modell von C.G. Jung taucht der Begriff des „kollektiven Unbewussten“ auf. Jung geht davon aus, dass es eine „veräußerlichte Wirkung unbewusster Komplexe“ darstellt. Dabei hat das Medium die bewundernswerte Fähigkeit, ohne Zensur (oder assoziatives Denken) in tiefere Schichten des eigenen Unterbewusstseins vorzudringen. Es stößt dort auf abgespaltenes Material, das nach oben ins Bewusstsein drängt. Je fähiger ein Medium, desto tiefer kann es in sein eigenes Unterbewusstes vordringen und an die Schicht des kollektiven Unbewussten gelangen. Auf dieser Ebene sollen alle kollektiven Erfahrungen der Menschheit gelagert sein.
Ein weiteres Modell besagt, dass das Gehirn eine Empfangsstation für Informationen aus dem → morphogenetischen Feld (Rupert Sheldrake) ist. Dieses Form gebende Feld speichert und übermittelt nicht nur Wissen, sondern auch biologische Urbilder (→ Akasha-Chronik). Für Ken Wilber, einen der führenden Köpfe der Bewusstseinsforschung und → transpersonalen Psychologie, kommt indes alles aus dem höheren → Selbst des Menschen:
„Ich glaube, wenn ein Mensch beginnt, auf dieses Selbst zuzuwachsen, empfängt er von ihm Hinweise und Inspirationen. Wenn man allmählich einen ersten Einblick in das höhere Selbst gewinnt, ist es ein direktes, unmittelbares Wissen. Es kommt aber nicht in pseudowissenschaftlichen Ausdrücken daher. Es ist schlicht ein Erkennen des eigenen Geistes.“ (Ken Wilber 1991)
Nicht alle Durchsagen rühren vom höheren Selbst her. Der Psychiater Ralph B. Allison sagt darüber: Das höhere Selbst „ist jedem zugänglich. Wir brauchen dazu niemanden, der sich auf einer Bühne in Szene setzt (das Medium). Wir können es auf eigene Faust, in aller Stille erreichen. Ganz abgesehen von wissenschaftlichen Erklärungen ist dieses Kriterium von Bedeutung, weil das „gechannelte“ Material selten den Qualitätskriterien entspricht, die auch an „normal“ erarbeitete denkerische oder künstlerische Leistungen angelegt werden.
Die meisten gechannelten Quellen berufen sich auf entkörperte menschliche Geistwesen. Diese sind natürlich genauso verschieden wie wir Menschen auf der Erde. Der Psychologe Charles Tart bringt es auf den Punkt: „Sterben macht nicht unbedingt gescheiter“. Die meisten verstorbenen Menschen kommen angeblich in irgendeine untere oder mittlere Ebene des „Astralreichs“. Die unteren „Astralgeister“ (→ Geister) sollen von allen entkörperten Wesenheiten diejenigen sein, die am stärksten vom physischen Leben angezogen werden. Solche Wesenheiten sind problematisch, denn ihre Äußerungen verraten, dass sie oft nach dem Tod glauben, noch auf der physischen Ebene zu leben; sie reagieren infolgedessen frustriert oder gereizt und aggressiv auf die bestehenden Umstände.
Neuere Erkenntnisse durch Forschungen im Bereich der Anästhesie (mit dem Anästhetikum Ketamin) und wissenschaftlich ausgewertete Nahtoderfahrungen sprechen jedoch deutlich gegen die Möglichkeit eines Kontakts mit Verstorbenen. Entkörperte Wesen haben es auf jeden Fall schwer – wenn überhaupt – mit Lebenden zu kommunizieren, da sie auf eine andere Wellenlänge des Bewusstseins eingestimmt sind als lebende Menschen. Viele Channels geben sich natürlich nicht mit Verstorbenen ab, sondern channeln vermeintlich höhere Geistwesen, die angeblich die Menschheit führen sollen. Hier tritt das Problem der Autorität auf, wenn rigide Geisteshaltungen vertreten werden.
Die verbreitetste Technik des Channeling ist die → Trance. Das Medium verliert dabei das Wachbewusstsein, und jemand oder etwas anderes scheint das Gehirn und den Körper des Mediums in Besitz zu nehmen und sich seiner zu bedienen, um zu sprechen, zu träumen, zu schreiben oder sich sogar zu bewegen (→ Besessenheit). Dies erinnert an Hypnosezustände, bei denen allerdings der Therapeut von außen mit dem Klienten kommuniziert. Meistens kann sich das Medium später an nichts mehr erinnern.
Während der Trance-Sitzung hat das Medium in der Regel einen deutlich anderen Tonfall als im Normalbewusstsein. Die meisten bekannten Medien haben mit Trance-Stimme gechannelt. Beim Channeling in leichter Trance hat die Person ein teilweises oder volles Bewusstsein dessen, was in der Umgebung und im Inneren vor sich geht. Das hellhörende und hellsehende (→ Hellsehen) Channeling wird auch unter → Magie erwähnt. Im Spiel sind hier wahrscheinlich erweiterte und geübte Fähigkeiten des Gehirns des Mediums. Channeling gibt es auch im Schlaf und im Traum. Ein Medium, das in Trance geht, ähnelt in mancherlei Hinsicht einem normalen Menschen, der träumt. Die schnellen Augenbewegungen sind in der Trance allerdings nicht vorhanden und willkürliche Muskelbewegungen eingeschränkt oder ganz eingestellt. Man kann sagen, „Channeling“ ist eine Trance, in der → Besessenheit auftritt.
Menschen, die gechannelte Bücher lesen, aber auch diejenigen, die selbst channeln, vertrauen offenbar wenig ihrer eigenen Autorität, sie berufen sich auf höhere Wesen außerhalb ihrer selbst. Dadurch geben sie die Verantwortung für die Botschaften ab. Jede Kritik an diesen Aussagen und jede kritische Diskussion muss fruchtlos bleiben, denn wie können wir sterbliche, materielle Wesen die hohen Weisheiten der Geistwesen (→ Geister, Geistwesen), → Engel, Weisen, Gottheiten in Frage stellen? In vielen Channeling-Büchern drückt sich eine autoritäre Geisteshaltung aus, und alte Weisheiten, die in vielen Büchern zu finden sind, bekommen dadurch einen anderen Impuls.
„Die Propheten Jesaja und Hesekiel speisten mit mir, und ich fragte sie, wie sie es wagen konnten, so rundheraus zu verkünden, dass Gott zu ihnen gesprochen habe, und ob sie damals nicht daran gedacht hätten, dass sie missverstanden und ihre Lehren somit missbraucht werden könnten. Jesaja antwortete: ‚Ich sah keinen Gott noch hörte ich einen in einer endlich begrenzten Wahrnehmung meiner Organe: aber meine Sinne entdeckten das Unendliche in Allem, und wie ich dann die Überzeugung gewann und in ihr bestätigt blieb, dass die Stimme der aufrichtigen Empörung die Stimme Gottes ist.“ (William Blake 1996, 225)