Hier ein zweiter Text von Seth. Die „geistige Persönlichkeit“ ist sicherlich eine der bekanntesten gechannelten Entitäten der Neuzeit. Von 1963 an empfing die US-amerikanische Schriftstellerin Jane Roberts in Trancezuständen komplexe Texte über die menschliche Seele, die in vielen Bücher veröffentlicht wurden. Einer dieser Klassiker ist „Gespräche mit Seth“ (1972), aus dem dieser Text entnommen wurde.
Sitzung 530, Mittwoch, den 20. Mai 1970
(21.19 Uhr.) Guten Abend.
(„Guten Abend, Seth.“)
Wir nehmen das Diktat wieder auf…
Es hat den Anschein, als hättet ihr nur eine Gestalt, die physische, die ihr wahrnehmt, und keine andere. Es sieht gleichfalls so aus, als könnte eure Gestalt nicht an mehreren Stellen gleichzeitig sein. Ihr habt aber, in der Tat, andere Gestalten, die ihr nicht wahrnehmt, und außerdem bringt ihr verschiedene Gestaltformen für verschiedene Zwecke hervor, obgleich ihr auch diese physisch nicht wahrnehmt.
Euer Identitätsgefühl ist hauptsächlich an euren physischen Leib gebunden, so dass es euch, beispielsweise, äußerst schwerfällt, euch ohne ihn vorzustellen, oder außer ihm oder auf irgendeine Weise von ihm getrennt. Die Gestalt ist das Produkt konzentrierter Energie; das Muster, das ihr zugrunde liegt, wird durch lebhafte, gezielte emotionale oder mediale Vorstellungsbilder erzeugt. Dabei ist die Intensität von entscheidender Bedeutung. Habt ihr beispielsweise das starke Verlangen, an irgendeinem anderen Ort zu sein, dann kann, ohne dass ihr euch dessen bewusst seid, an dem betreffenden Ort eine pseudophysische Gestalt von euch auftauchen. Das Verlangen wird den Stempel eurer Persönlichkeit und eurer Erscheinung tragen, obwohl ihr euch der Erscheinung und ihres Auftretens an dem anderen Ort unbewusst bleibt.
Obgleich dieses Gedankenbild normalerweise von andern nicht wahrgenommen wird, ist es doch durchaus möglich, dass in Zukunft wissenschaftliche Instrumente es wahrnehmen könnten. Beim gegenwärtigen Stand der Dinge kann ein solches Bild von denjenigen wahrgenommen werden, die ihre inneren Sinne entwickelt haben. Jede intensive geistige Tat – ob emotionaler oder gedanklicher Natur – baut sich nicht allein in physischer oder pseudophysischer Gestalt auf, sondern trägt auch das Gepräge ihres Urhebers.
Es gibt viele solcher im Werden begriffener oder latenter Gestalten. Damit ihr euch besser vorstellen könnt, wovon ich rede, denkt sie euch einfach – obwohl nur analogisch – als geisterhafte oder schattenhafte Bilder, unterschwellige Formen, die noch nicht ganz in die euch bekannte physische Realität übergetreten, aber doch schon lebendig genug sind, um sich aufbauen zu können. Sie würden euch, in der Tat, sehr real Vorkommen, wenn ihr sie sehen könntet.
Jeder Mensch sendet tatsächlich häufig solche Nachbildungen seiner selbst aus, obwohl diese sich dem Grade nach unterscheiden und manche schattenhafter als andere ausfallen mögen. Diese Gestalten sind jedoch nicht einfache Projektionen – „flache Bilder“. Sie üben eine entschiedene Wirkung auf die Atmosphäre aus. Sie haben eine Art, sich „Platz zu schaffen“, die sich schwer beschreiben lässt; und zwar obwohl sie manchmal mit physischen Gegenständen oder Gestalten koexistieren oder diese sogar überlagern können. In solchen Fällen findet eine regelrechte Wechselwirkung statt – eine Wechselwirkung, die wiederum unterhalb der Schwelle physischer Wahrnehmung bleibt.
Ihr spürt vielleicht plötzlich ein starkes Verlangen, an einer geliebten, aber entfernten wohlbekannten Meeresküste zu stehen. Dieses intensive Verlangen würde sich dann gleichsam wie ein Energiekern verhalten, den euer Geist nach außen projiziert, indem er ihm Form, eure Form gibt. Der Ort, den ihr euch vorgestellt habt, würde dann diese Form anziehen, und sie würde augenblicklich dort auftauchen. Dies geschieht äußerst häufig.
Unter normalen Umständen würde sie nicht sichtbar werden. Wäre hingegen euer Verlangen noch intensiver, dann wäre der Energiekern größer, und ein Teil eures eigenen Bewusstseinsstromes würde sich der Gestalt mitteilen, so dass ihr vielleicht einen Augenblick lang die salzige Meeresluft riechen oder auf irgendeine andere Weise die Umgebung wahrnehmen würdet, in der das Pseudobild gerade steht.
Der Grad der Wahrnehmung wäre hier sehr unterschiedlich. In erster Linie ist eure physische Gestalt das Resultat einer großen Gefühlskonzentration. Die phantastische Energie eurer Psyche zeugte nicht allein euren physischen Leib, sondern erhält ihn auch am Leben. Er hat keine Kontinuität, obschon er euch dauerhaft genug Vorkommen mag, solange er dauert. Dessen ungeachtet befindet er sich im Zustand ständigen Pulsierens, und als natürliche Folge der Beschaffenheit und Struktur der Energie blinkt der Körper tatsächlich in Abständen auf.
Dies ist schwer zu erklären, und für unsere Zwecke ist es nicht unbedingt nötig, dass ihr die Gründe für dieses Pulsieren versteht; doch selbst körperlich seid ihr ebenso oft „nicht da“ wie da. Eure Gefühlsintensität und -konzentration bringen neben eurem physischen Leib noch andere Gestalten hervor, deren Dauer und Ausprägung jedoch von der Intensität des jeweiligen emotionalen Impulses abhängig ist.
Euer Lebensraum ist infolgedessen mit im Werden begriffenen Gestalten erfüllt, sehr lebendig, aber unterhalb der Schwelle der für euch wahrnehmbaren materiellen Strukturen.
(Jane als Seth langte über das Teetischchen, das zwischen uns stand, um mein halbvolles Bierglas zu ergreifen. Ich notiere dies wegen des Folgenden:)
Ruburt dankt dir. Du brauchst dies nicht zu vermerken. Wir verlangsamen unser Tempo von Zeit zu Zeit, um nach dem passenden Ausdruck zu suchen, denn dieses Material ist teilweise recht schwierig.
(„Sehr interessant.“ Mir waren die fast regelmäßigen Geschwindigkeitsschwankungen in Janes Vortragsweise gleich nach Beginn der Sitzung aufgefallen. Jede Phase dieses mal schnellen, mal langsamen Tempos schien sich höchstens über ein paar Absätze zu erstrecken. Dies war heute Abend viel spürbarer als sonst.)
Diese Projektionen werden also tatsächlich dauernd ausgesandt. Höherentwickelte wissenschaftliche Instrumente, als ihr sie gegenwärtig besitzt, würden nicht nur die Existenz dieser Formen anzeigen, sondern auch die Schwingungen in den verschiedenen Intensitätswellen messen können, die jene physischen Objekte umgeben, die für euch sichtbar sind.
Um dies klarer zu machen, betrachtet irgendeinen Tisch in eurem Zimmer. Er ist physisch, stabil und leicht zu sehen. Um der Analogie willen stellt euch nun, wo möglich, vor, dass hinter dem Tisch sich ein anderer, genau gleicher befindet, nur nicht ganz so physisch, und hinter diesem noch einer, und ein weiterer dahinter – jeder von diesen ein bisschen schwerer zu sehen, bis zur Unsichtbarkeit hin. Und vor diesem Tisch ist nochmals ein genau gleicher Tisch, nur ein bisschen weniger physisch in seiner Erscheinung als der „wirkliche“ Tisch, und dieser hat ebenso ein Gefolge von weniger physischen Tischen, die sich nach vorne erstrecken. Und für jede Seite des Tisches denkt euch das gleiche.
Nun existiert alles, was sich physisch manifestiert, auch auf andere Weisen, die ihr nicht wahrnehmt. Ihr nehmt Realitäten nur wahr, wenn sie eine bestimmte „Tonlage“ erreichen, wo sie in Materie überzugehen scheinen. Doch existieren sie tatsächlich und auf völlig gültige Weise auch auf anderen Ebenen.
Jetzt könnt ihr Pause machen und euch auf einer anderen Ebene entspannen.
(22.02 bis 22.20 Uhr.)
Es gibt auch Realitäten (Pause), die „relativ gültiger“ sind als eure Realität; im Vergleich damit würde – streng analogisch und exemplarisch gesprochen – euer physischer Tisch schattenhaft wirken, so wie jene sehr schattenhaften Tische, die wir uns vorgestellt haben. Ihr würdet dann eine Art „Supertisch“ haben. Euer Realitätssystem wird also nicht von der größtmöglichen Energiekonzentration gebildet. Es ist lediglich ein System, auf das ihr eingestellt und dessen integrierender Bestandteil ihr seid. Nur aus diesem Grunde nehmt ihr es wahr.
Andere Teile von euch, derer ihr euch nicht bewusst seid, hingegen bewohnen was ihr ein „Superrealitätssystem“ nennen würdet, wo das Bewusstsein mit weit stärkeren Energiekonzentrationen umgehen, diese wahrnehmen und »Gestalten« völlig anderer Natur aufbauen lernt.
Eure Raumvorstellung ist demnach äußerst verzerrt, da Raum für euch etwas ist, wo es nichts zu sehen gibt. Er ist offensichtlich mit allen möglichen Phänomenen (Pause) erfüllt, die auf eure Wahrnehmungsorgane überhaupt keinen Eindruck machen. Nun ist es euch auf verschiedene Weise gelegentlich möglich, euch bis zu einem gewissen Grad in diese anderen Realitäten einzuschalten – und das tut ihr von Zeit zu Zeit auch, obwohl in vielen Fällen die Erfahrung verlorengeht, weil sie physisch nicht registriert wird.
Denken wir wieder an die Gestalt, die ihr an die Meeresküste geschickt habt. Obgleich sie nicht mit euren eigenen physischen Sinnen ausgestattet war, war sie doch bis zu einem gewissen Grad der Wahrnehmung fähig. Ihr habt sie unwissentlich, aber aufgrund einer natürlichen Gesetzmäßigkeit projiziert. (Pause.) Das Bild folgt dann seinen eigenen Realitätsgesetzen, und bis zu einem gewissen Grad, der unterhalb eures eigenen liegt, hat es auch Bewußtsein. (Pause.)
Nun seid ihr, wieder analogisch gesprochen, von einem Superselbst ausgesandt, das ein starkes Verlangen nach einer Existenz in physischer Form trug. Ihr seid keine Marionette dieses Superselbst. Ihr werdet den Gesetzen eurer eigenen Entwicklung folgen und auf eine Weise, die viel zu kompliziert ist, um sie hier erklären zu können, die Erfahrung des Superselbst mehren und sein Realitätsspektrum erweitern. Dabei fördert ihr gleichzeitig eure eigene Entwicklung und könnt außerdem von den Fähigkeiten des Superselbst Nutzen ziehen.
Auch wird dieses Selbst, das in diesem Sinne so überlegen zu sein scheint, euch niemals verschlucken. Da ihr existiert, sendet ihr selber, wie gesagt, ähnliche Projektionen aus. Das Bewusstsein kennt keine
Grenzen, auch was die Mittel für seine Materialisierung betrifft. Ebenso sind auch den Entwicklungsmöglichkeiten jeglicher Identität keinerlei Schranken gesetzt.
Ich wollte dieses Kapitel heute Abend beginnen, damit wir einen guten Start hätten. Ihr sollt aber trotzdem eine gute, leichte Sitzung haben.
(„Ich bin o.k.“)
Du hast öfters gegähnt.
(„Das spielt keine Rolle. Ich fühle mich momentan recht wohl.“)
Mach eine kurze Pause, und dann fahren wir fort.
(22.43 bis 22.54 Uhr.)
Lasst es mich noch einmal klar aussprechen: Eure gegenwärtige Persönlichkeit, wie sie in eurer Vorstellung besteht, ist „unauslöschlich“ und fährt nach dem Tode fort, zu wachsen und sich zu entwickeln.
Ich erwähne dies nochmals inmitten unserer gegenwärtigen Erörterung, damit ihr euch nicht verloren, in Frage gestellt oder unwichtig vorkommt. Offensichtlich gibt es endlose Schattierungen bei den Gestaltformen und -typen, von denen die Rede war. Die Energie, die von unserem „Superselbst“ projiziert wird, jener Funke intensiver Identität, jener einzigartige Impuls, der euch physisch ins Leben rief, ist in einer Weise dem alten Seelenbegriff sehr ähnlich – nur dass dieser lediglich einen Teil der Wahrheit enthält.
(Lange Pause um 23.01 Uhr. Jane hielt jetzt sehr spürbar nach vielen Sätzen inne, während sie dieses Material durchgab.)
Während ihr fortfahrt, zu existieren und euch zu entwickeln, verfügt euer Gesamtselbst, eure Seele, über ein so gewaltiges Potential, dass sich dieses niemals völlig durch eine Persönlichkeit ausdrücken kann. Ich habe das bereits in einem früheren Kapitel in etwa erklärt.
Nun könnt ihr durch sehr intensive Gefühlskonzentration eine Gestalt erzeugen und diese auf eine andere Person übertragen, die sie dann vielleicht wahrnehmen kann. Dies kann bewusst oder unbewusst geschehen; und das ist nun ziemlich wichtig. Dabei ist hier nicht etwa von dem sogenannten Astralleib die Rede, der etwas vollkommen Anderes ist. Der physische Leib ist die Materialisierung des Astralleibs.
Dieser verlässt den Körper jedoch niemals für längere Zeit, und es ist nicht er, was im Falle unserer vorhin verwendeten Meeresküstenanalogie projiziert wird. Ihr seid gegenwärtig nicht nur auf euren physischen Leib eingestellt, sondern auch auf eine bestimmte Frequenz von Geschehnissen, die ihr als Zeit interpretiert. Andere historische Epochen existieren gleichzeitig, in ebenso gültigen Formen; auch andere Reinkarnationsselbst. Wiederum seid ihr einfach auf diese Frequenzen nicht eingestellt.
Ihr seid imstande zu wissen, was in der Vergangenheit passiert ist, und habt Geschichte, weil ihr nach den Spielregeln, die für euch gelten, glaubt, dass die Vergangenheit, aber nicht die Zukunft eurer Wahrnehmung zugänglich ist. Ihr könntet gegenwärtig Zukunftsgeschichte haben, wenn die Spielregeln andere wären. Kannst du mir folgen?
(„Ja.“)
Auf anderen Realitätsebenen verändern sich aber die Spielregeln. Nach dem Tode in eurem Sinne seid ihr, was die Wahrnehmung betrifft, vollkommen frei. Die Zukunft liegt ebenso klar vor euch da wie die Vergangenheit. Selbst dies ist jedoch hochkompliziert, weil es nicht nur eine einzige Vergangenheit gibt. Ihr erkennt nur bestimmte Geschehniskategorien als real an und überseht andere. Wir haben von Geschehnissen gesprochen. Es gibt daher auch wahrscheinliche Vergangenheiten, die völlig außer Reichweite eurer Vorstellungskraft liegen. Ihr wählt aus diesen eine bestimmte Gruppe von Geschehnissen aus und versteigt euch auf diese als die einzig möglichen, dabei entgeht euch, dass ihr aus einer unendlichen Vielfalt vergangener Ereignisse eine Auswahl getroffen habt.
Es gibt somit offenbar wahrscheinliche Zukünfte und wahrscheinliche Gegenwarten. Ich versuche dies mit euren Begriffen zu erklären, denn im Grunde genommen müsst ihr wissen, dass die Wörter „Vergangenheit“, „Gegenwart“ und „Zukunft“ hinsichtlich ihres wahren Erfahrungsgehaltes ebenso wenig Sinn haben wie die Wörter „Ich“, „bewusst“ oder „unbewusst“.
Ich beende das Diktat für heute Abend. An diesem wahrscheinlichen Abend (humorvoll) wähle ich mir diese wahrscheinliche Alternative aus. Euch beiden meine innigsten Wünsche.
Auszug aus „Gespräche mit Seth“ mit freundlicher Genehmigung des Goldmann Verlags.
Buch zum Thema:
Jane Roberts: „Gespräche mit Seth: Von der ewigen Gültigkeit der Seele“
Verlag: Goldmann, 2011
Umfang: 448 Seiten
Preis: 12,- €
ISBN: 978-3442215812
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