Irgendwann kommt für uns alle der Moment des Abschiednehmens, wir wünschen uns dann meist einen schmerzlosen Übergang, oder haben den Wunsch einfach einzuschlafen ohne Schmerz und Leid. Die Realität kann diesem Wunsch nicht immer gerecht werden, und das Sterben ist so facettenreich wie das Leben.
In berührenden Geschichten erzählt der Autor von Erfahrungen während der Begleitung von Sterbenden.
von Peter Graus
Es stellt sich die Frage, was ist „geheilt sein“ oder „Heil sein“, wenn wir diese Schwelle überschreiten? Sind wir Heil, wenn wir es trotz schwerer Erkrankung, und dem Unverständnis über dieses „Heil sein“ bei den Angehörigen, so empfinden, oder sind wir körperlich gesund und empfinden uns dennoch als krank, weil unsere Seele nicht gehen will oder kann? Wie also können wir uns auf das Unvermeidliche vorbereiten, soweit es uns möglich ist? Das gilt für beide Seiten – demjenigen, der stirbt und demjenigen, der zurückbleibt.
In meiner langen Erfahrung als „Bewusstseinstherapeut und Heiler“ habe ich viele Menschen begleitet, viele Hände gehalten und den Tod gesehen, das mag wohl auch daran liegen, dass ich, seit ich ein kleiner Junge war, schon immer spürte, wenn uns ein Mensch verlässt. Ich verstand damals nicht, warum ich das intuitiv wusste und konnte erst durch meine Arbeit erkennen, erfahren und begreifen was das alles bedeutet.
Dazu erzähle ich euch auch Geschichten aus dem realen Erleben und Begleiten dieser Menschen, aus den persönlich erlebten Augenblicken dieser Momente, wo sich der Tod und das Leben begegnen, das Annehmen des Unvermeidlichen beiden Seiten Trost und Kraft schenken und aus Schmerz am Ende wieder Liebe entstehen kann. Am Ende dieser Geschichten werde ich auch eine Möglichkeit aufzeigen, welche unseren Blickwinkel und unsere Einstellung zum Sterben neu ausrichten und sich im Bewusstsein als Erfahrung verankern kann. Damit auch das Sterben als etwas Lebendiges begriffen wird, welches uns immer begleitet, denn nichts geht je verloren und nichts wird je sterben.
Das Lächeln
An diesem Tag hatte ich einen Termin in meiner Praxis mit einem Mann, mit den ich fünf Jahre zuvor schon Kontakt hatte. Ich konnte mich also nicht mehr genau an ihn erinnern. Er erzählte mir, dass ich ihm damals sehr geholfen habe, es ihm nun wieder sehr schlecht gehe und seine Beschwerden und Schmerzen seit längerer Zeit schon fast unerträglich seien. Er hatte einen Tumor an der Lunge und dadurch große Atemnot, und er musste häufig mit Blut im Mund husten. Diese Anfälle sind sehr energieraubend und schmerzhaft.
Meine Behandlung war also auf diese Symptome fokussiert, damit sich zumindest diese körperliche Symptomatik in ein erträglicheres Maß einpendeln könne. Dazu hatten wir drei Sitzungen mit je einer Stunde geplant. Es gelang auch seine Symptome abzumildern, die Atemnot und der Husten wurden deutlich besser und er konnte sich etwas erholen. Allerdings war auch klar, dass seine gesundheitlichen Prognosen auf ein baldiges Ende hindeuteten und sein Lebenswille war sehr reduziert. Im Grunde genommen wollte er auch sterben – er war durch die lange Krankheit müde und depressiv geworden, sein Feuer in den Augen war nur noch ein Glimmen.
Seine Frau begleitete ihn immer zu mir in die Praxis. Diese beiden alten, liebvollen Menschen – sie hatten eine lange Reise hinter sich und beide spürten, dass die Reise für ihn zu Ende ging. Aus einem inneren Gefühl heraus fragte ich ihn am Ende der dritten und letzten Sitzung „Wenn Sie noch einen Wunsch hätten, was würden Sie sich von Herzen wünschen?“ Er blickte mich eine Weile an und sagte dann etwas, mit dem ich nicht gerechnet hatte… Er sagte: „Ich wünsche mir nur Eines, dass ich noch ein einziges Mal lächeln kann, so lächeln, dass es mein Herz berührt und das meiner Frau“.
Was sagen Sie einem Menschen, wenn Sie das hören? Etwas Kluges, oder Tröstendes? Was sagen Sie zu einem Menschen, der einen Wunsch äußert, der unerfüllbar klingt? Man würde wohl denken „diese Frage war dumm“, oder „hätte ich nur nichts gesagt“ oder Ähnliches. Ich denke, es gibt keine persönlichen Worte, die diesen Wunsch erfüllen könnten.
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass wir uns dann öffnen können und uns in etwas erkennen, wenn wir uns selbst in etwas hineinfühlen. Also habe ich ihn gefragt, ob ich ihm eine Geschichte erzählen dürfte, eine irgendwie erfundene oder evtl. doch wahre Märchengeschichte. Er blickte mich müde und etwas überrascht an und meinte dann: „Ja wieso nicht.“.
So habe ich begonnen folgende Geschichte zu erzählen: Nehmen wir an, dass seit Anbeginn der Menschheit, seit sie einen Glauben entwickelt hat – unabhängig von der Kultur, der Herkunft, der Hautfarbe der Erziehung oder der Religion – ein uns alle bis zum heutigen Tage einheitliches Wissen verbindet und immer über alle Generationen hinweg weitergegeben wurde… nämlich, dass einzig und alleine all jene Menschen, welche durch eine schwere Krankheit sterben, eine durch Gott höchstpersönliche Botschaft und Einladung bekommen werden, die folgend lautet: “Du, mein Freund, hast es geschafft, du hast all deine Prüfungen bestanden, alle Reisen beendet, du wirst ab heute bei mir bleiben, an meinem Tisch sitzen, mit mir sprechen, lachen und einen Kaffee trinken. Du musst nie mehr zurück, du bist endgültig zu Hause.“ Was denken Sie würden all jenen sagen, welche „gesund“ sterben? Sie würden sich wohl sehr ärgern, weil Sie wissen, Sie müssen wieder zurück, eine neue Reise beginnen, sich neu beweisen und Prüfungen bestehen – Sie würden sich wünschen, zu den Auserwählten zu gehören.
Dann sah ich ihm lange in die Augen und sagte: „So und nun beweisen Sie mir doch das Gegenteil!“ Seine Augen begannen zu leuchten und er begann zu lächeln. Seine Seele wurde in diesem Augenblick heil, er hatte sein Leben und sein Sterben angenommen und er konnte ohne Schmerzen Abschied nehmen. Dann nach zwei Tagen hat er seine letzte Reise angetreten – und stellen Sie sich vor, ich habe tatsächlich nie wieder etwas von ihm gehört.
Der Dialog
Es wurde schon Abend, als ich meine Arbeit in der Klinik beendete, ich wollte gerade nach Hause fahren, als ich einen Anruf von einem der Ärzte erhielt. Ein Mann würde mit Atemnot in einem Behandlungsraum liegen und er könne so nicht nach Hause gehen, ob ich ihm helfen könne. Er wurde schon vom Arzt behandelt doch irgendwie reagierte er nicht richtig, aus diesem Grunde wurde ich angerufen, um zu sehen, woran es noch liegen könne und natürlich auch um ihn zusätzlich zu behandeln.
Ich machte mich auf den Weg und betrat das Zimmer. Ich kannte den Mann nicht, er war Ende 70 und seine Frau war bei ihm. Er atmete sehr schwer und er wirkte total erschöpft. Er war auf einer Liege in leicht sitzender Position, sodass ich ihn gut energetisch behandeln konnte. Ich begann nachzufragen, wie es ihm gehe und welche Therapien er gemacht habe. Es war wie so oft ein bösartiger Tumor.
Doch irgendetwas war für mich energetisch nicht stimmig. Diese ich nenne sie „nicht stimmige“ Energie, strahlte seine Frau aus. Sie schien den Zustand ihres Mannes nicht wirklich zu erfassen, dieses Gefühl lies mich nicht mehr los. Insbesondere die ich nenne es mal „energetische Kommunikation“ der beiden war nicht im Einklang. Um es klarer auszudrücken – der Mann lag schon im Sterben und seine Frau konnte es nicht sehen. Das lag aber nicht an ihr, sondern an ihm und seiner Liebe zu ihr.
Also entschloss ich mich diesen Punkt anzusprechen. Ich sagte zur Frau: “Ist Ihnen eigentlich bewusst, dass Ihr Mann bald gehen wird?“
Sie schaute mich überrascht und erschrocken an und sagte, das könne nicht sein, die Anderen würden ja alle sagen das ginge schon wieder, da könnten wir noch viel machen, er würde noch lange leben. Daraufhin sagte ich ihr: „Für mich ist es so, dass Ihr Mann mit aller Kraft, die er noch besitzt, darum kämpft, Sie nicht zu verletzen, Ihnen nicht wehzutun. Denn er weiß es selbst genau, dass es nicht mehr lange gehen wird. Er kann Sie nicht zurücklassen, weil er Angst hat, dass sie leiden, wenn er nicht mehr da ist. Darum tut er alles, um diesen Moment hinauszuzögern.“ Ich sah ihn an und fragte ihn: “Habe ich recht?“ Er nickte mit dem Kopf, seine Frau begann daraufhin zu weinen.
Danach sagte ich zu ihr: „Ich würde diese Chance jetzt nutzen, fahren Sie mit Ihrem Mann nach Hause und sprechen Sie über Ihr gemeinsames Leben. Sprechen Sie über alles, was Sie noch nie gesagt haben und Ihnen schon lange auf der Zunge brennt und lassen Sie nichts aus, es gibt keine zweite Möglichkeit. Lasse Sie ihn gehen, weil Sie ihn lieben – ich denke, das ist sein Wunsch.“ Sie sah ihn an und sagte mit Tränen in den Augen: „Ja, das werden wir heute noch tun.“ Als sie diesen Satz gesprochen hatte, konnte ich im selben Augenblick spüren, wie sich dieser energetische Ring aus Stahl um seine Brust auflöste und er plötzlich wieder besser atmen konnte.
Die beiden konnten danach nach Hause fahren. Nach ca. 4 Wochen hatte ich einen Termin mit einer neuen Patientin. Als sie meine Praxis betrat, wusste ich sofort, wer es war. Sie wirkte auf mich sehr ausgeglichen und energetisch stark. So begann sie zu erzählen… nach unserem Kontakt seien sie eben heimgefahren und sie hätten dann die ganze Nacht durchgesprochen, ihr gemeinsames Leben betrachtet und dabei zusammen gelacht und geweint. Am frühen Morgen sei ihr Mann dann friedlich in ihren Armen eingeschlafen.
Sie sagte, dieses Gespräch sei ein so wertvolles Geschenk gewesen, sie konnten sich dadurch in Liebe verabschieden und es gab danach auch keinen Schock, keine unbeantworteten Fragen oder Vorwürfe – es war alles gut. Danach umarmte sie mich ganz spontan, voller positiver Energie. Sie war bei mir nicht als Patienten, sondern als ein Mensch, der mich damit beschenkte einfach Danke zu sagen. Hier hatte für mich das Sterben dem Leben keinen Sinn genommen, sondern einen neuen Weg geschenkt.
Der zornige Engel
Diese Geschichte mag evtl. lustig klingen, dennoch war sie für den Betroffenen eine Qual und lebensbestimmend.
Ein Mann wurde zu mir geschickt, der laut Krankenakte seit über zwei Jahren an undefinierbaren Ängsten leidet. Der Mann war Mitte fünfzig und wirkte auf mich nicht nur ängstlich, sondern auch übervorsichtig. Was ich hier noch erwähnen sollte: alle Patienten wissen natürlich, dass sie, wenn sie zu mir überwiesen werden, zu einem energetischen Therapeuten kommen. Insofern ist es auch oft so, dass die Themen, welche bei einem Arzt oft nicht gesagt werden, bei mir leichter angesprochen werden. Somit ist eben auch eine ganzheitlichere Betrachtung und Therapie möglich.
Dieser nette Herr war in seinem Wesen eher ein einfacher geerdeter und auch liebevoller Mensch, der in einem kleinen Dorf lebte. Ich fragte ihn also direkt, was denn der Auslöser für seine Ängste sei. Er erzählte mir, dass er, seit sein Vater vor drei Jahren verstorben sei, alles alleine mache – also den Hof bewirtschaften und alles andere. Er habe keine Partnerin und nach dem Tod des Vaters sei er sehr depressiv gewesen und der Arzt habe ihm entsprechende Pillen verschrieben, welche allerdings nicht geholfen haben. Bei seiner Suche nach Hilfe sei er dann auch über einen Bekannten mit einem – ich benenne es mal wie er es sagte – „Medium“ und „Heilerin“ in Kontakt gekommen. Da wurde ihm offenbart, dass der Geist seines Vaters bei ihm sei und über ihm schwebe, weil der Geist ihn beschuldige, er sei schuld an seinem Tod. Dies sei nur durch viele Sitzungen und energetische Reinigungen aufzulösen. Mir war natürlich klar, dass hier eine Abhängigkeit geschaffen wurde, geprägt von Glaube, Angst und Schuld. Manche Menschen sind dafür sehr empfänglich und manipulierbar.
Was also tun, in so einem Fall? Ich beschloss dieses Bild zu übermalen und durch eines zu ersetzen, das nur diesem Menschen helfen kann, denn jeder Mensch ist anders. Die Kunst ist es also, für jeden ein Bild zu finden, das für ihn stimmig ist.
Ich sagte also: „Ja es stimmt, ihr Vater fliegt wirklich über ihnen und ich kann sehen, was er sagt.“ Der Herr schaute mich mit gespanntem Blick an und fragte mich, was er denn sage?
Ich sagte: „Also wie ich sehe springt er gerade wie wild da oben auf und ab, und zornig mit seinen Engelsflügeln flatternd ruft er laut herunter: „He mein Sohn, hör endlich auf mit dem Mist und deiner Traurigkeit, schau her wie gut es mir geht, du bist mein Sohn und ich habe Dich lieb, ich bin stolz auf Dich und es geht mir wirklich gut. Noch besser würde es mir aber gehen, wenn du endlich wieder anfangen würdest zu lachen und deine Ängste wegschmeißt.“
Während ich das sagte, sprang ich im Zimmer auf und ab und imitierte ein Engelsflügelflattern mit den Händen. Zum Glück habe ich mich selbst dabei nicht gesehen, das sah sicher etwas komisch aus. Aber in diesem Moment begann dieser Mann aus ganzem Herzen zu lachen und ich konnte den riesigen Stein hören, der aus seinem Herzen zu Boden fiel.
So wurde ein Abschied durch ein Bild von Liebe geheilt und ein Mensch war befreit von Ängsten und Selbstvorwürfen.
Der Begleiter
Diese Geschichte ist etwas anders und sehr persönlich, dennoch möchte ich sie aufschreiben um eine Facette des Abschiedes zu erzählen, welche nicht alltäglich ist und einen dennoch staunen lassen kann, wie stark eine Verbindung zwischen den Menschen sein kann.
Vor ca. 20 Jahren lernte ich einen meiner vielen Onkel kennen, als ich zu Besuch bei meinen Eltern war. Ich hatte ihn bis dahin noch nie gesehen, er war sehr in sich gekehrt und wirkte auf mich ziemlich einsam. Dennoch war da ab der ersten Minute eine positive energetische Schwingung, die zwischen uns beiden spürbar war.
Wir sind dann ziemlich schnell ins Gespräch gekommen und ich habe erfahren, dass er seit vielen Jahren große Herzprobleme habe und schon einige Operationen über sich ergehen lassen musste. Die vielen Medikamente machten ihn zudem müde und oft depressiv. Ich sah einen Menschen, der im Grunde sterben wollte, jedoch Angst davor hatte – im Grunde genommen eine Zwickmühle für ihn.
Ich habe ihn dann noch zweimal im Zeitraum eines Monates gesehen. Dieses Band war immer zu spüren, ich könnte es beschreiben wie wenn zwei Seelen sich nach vielen Jahren wieder einmal getroffen haben.
Ein paar Tage nach dem letzten Treffen, es war ein Samstagnachmittag, war ich ziemlich müde und beschloss einen kurzen Mittagsschlaf zu machen. Es wurde kein normaler Schlaf. Es gibt ja einige besondere Schlafformen, wie Schlafwandeln oder luzide Träume, und auch einen Schlaf, in dem Visionen während des Schlafens entstehen. Dieser Schlaf wirkt sehr real und dennoch auch surreal.
Genau in so einen Schlaf bin ich gekommen. Plötzlich stand ich auf einem Weg mitten in den Bergen, ich spürte die Sonne und den Wind auf meiner Haut.
Einige Meter neben mir lagen große Steinbrocken in der Wiese und auf einem dieser Steine saß ein Mann mit einer grauen langen Kutte, wie sie früher die Mönche getragen haben. Der Kopf war mit einer Kapuze bedeckt, die so tief ins Gesicht hing, dass ich nur einen Schatten erkennen konnte. Der Mann wirkte sehr verloren und traurig, sein Kopf gesenkt, der Rücken gebeugt.
Ich ging zu ihm hin, reichte ihm meine Hand und sagte “Komm wir müssen gehen!“. Er nahm meine Hand und wir liefen los, den Berg hinauf. Der Weg schlängelte sich immer höher nach oben und nach einer Weile wurde der Wind immer wärmer, so warm wie ein Föhn. Wir sprachen während des ganzen Weges kein Wort, er vertraute mir einfach und folgte mir schweigend, dabei hielten wir uns immer an der Hand. Dann plötzlich war der ganze Horizont – vom Himmel bis zum Berg, auf dem wir unterwegs waren – in einer Wand aus Flammen eingehüllt. Sie waren links und rechts des Weges und loderten mit unglaublicher Kraft, dennoch war es still und es war nicht heiß, sondern angenehm warm. Man konnte nur den Wind hören, wie er leise wehte.
Nach einer Weile kamen wir dann an eine Mauer, sie war unendlich hoch und hatte ein großes Tor aus Holz. Unser Weg endete genau vor diesem Tor. Ich öffnete die Türe und drehte mich zu meinem Begleiter um und sagte: „Du musst da jetzt durchgehen, weiter kann ich dich nicht begleiten. Wenn ich da hindurchgehe, kann ich nicht mehr zurück. Vertrau mir und gehe diesen letzten Schritt alleine.“ Er zögerte noch einmal kurz, dann schritt er durch das Tor und war augenblicklich verschwunden. Ich schloss das Tor, drehte mich um und ging den Weg wieder zurück.
Plötzlich wachte ich auf und konnte mich sofort an den so real erlebten Traum erinnern. Ich dachte mir noch: welch ein verrückter Traum! Einige Minuten später klingelte mein Telefon, ich hob ab, es war meine Mutter. Sie sagte mir: „Dein Onkel ist gerade gestorben, alleine auf einer Parkbank, er sei im Sitzen eingeschlafen und verstorben.“
Da musste ich lächeln und ich dachte bei mir: „Man muss nicht jeden Weg alleine gehen, oft braucht es auch eine Hand, die einen hält. Dann plötzlich laufen wir wieder selbst, so wie wir, wenn wir ins Leben kommen, den ersten Schritt alleine machen, so machen wir auch den letzten Schritt alleine, doch dazwischen können wir auch viele Schritte zusammen gehen.“
Ich sagte ein letztes Mal, mit meinem Herzen: „Danke für dein Vertrauen, es war mir eine Ehre dich zu begleiten“.
Epilog – Was kann jeder Einzelne tun?
Wir alle kommen im Laufe unseres Lebens irgendwann mit dem Tod in Kontakt, jeder geht anders damit um. Wie also könnte man sich auf so etwas vorbereiten? Man kann sagen, je mehr emotionale Nähe und Bindung wir zu einem Menschen haben, desto intensiver wird dieser Moment erlebt werden.
Um diese Phase der Trauer auch wieder abstreifen zu können, sollten wir uns ein Bild vor Augen führen. Stellen Sie sich vor: Was wünschen Sie den Menschen, die Sie lieben, die Sie Ihre Freunde nennen, die Ihnen emotional nahestehen, wenn Sie wissen, dass Sie selbst heute sterben? Sie werden Ihnen ein schönes glückliches Leben wünschen, Gesundheit, Lachen und noch vieles mehr, Sie werden Ihnen all das wünschen, was Sie glücklich macht.
Ich wage zu behaupten, Sie werden diesen Menschen nicht wünschen, dass sie, weil Sie nun gestorben sind, die nächsten Jahre um Sie weinen, traurig werden, depressiv und einsam in Trauer versinken. Sondern Sie wünschen Ihnen genau das Gegenteil!
Nun, wo Sie genau das bejahen überlegen Sie doch, was denken Sie wünschen Ihnen die Menschen, die vor Ihnen sterben und denen Sie etwas bedeutet haben? Sie wünschen Ihnen aus ganzem Herzen genau dasselbe. Also, wenn Sie diese Menschen lieben, dann denken Sie mal darüber nach, ob es nicht auch Liebe ist, Ihnen genau diesen letzten Wunsch zu erfüllen.
Oder sollen die wirklich wieder aus dem Jenseits zurückkommen, um Sie daran zu erinnern? Ich will damit sagen, es ist menschlich und natürlich zu trauern, und es ist genauso menschlich und natürlich wieder glücklich zu werden. Also prägen Sie sich diese Gedanken ein, und der Tod wird ein Teil des Lebens, den wir nicht verdrängen, sondern akzeptieren als etwas Einzigartiges das zu uns gehört, wie die Fähigkeit zu lieben.
Peter Graus über sich:
Diese Themen, über den Tod und das Sterben, haben viele persönliche Erfahrungen mitgeprägt. Ich habe seit meinem fünften Lebensjahr sehr viele Begegnungen mit dem Sterben, dem Tod durchlebt. Sie haben mich auch geprägt und ich kenne dadurch viele Arten des Abschiedes. Doch erst mit der Zeit beginnen sich Erkenntnisse zu manifestieren, der Kreis sich zu schließen. Was wir oft nicht sofort verstehen wird durch den weiteren Weg, den wir gehen, entweder klarer oder ganz und gar nicht mehr verstanden – was bedeutet das nun?
Unser ganzes Leben ist in pausenloser Resonanz, im Austausch mit unserer Umwelt. Wir versuchen die Signale und Informationen von außen mit unserer Innenwelt in Einklang zu bringen. So verarbeiten und erleben wir Erfahrungen, welche im Laufe des Lebens immer mehr werden. Was wir noch nicht kennen wird als Erfahrung abgespeichert, und im Laufe des Lebens entstehen so immer mehr Resonanzspeicher in uns, die uns helfen Erlebtes immer besser zu verstehen oder darauf entsprechend schneller zu reagieren. Oft gelingt es uns gut und oft scheitern wir daran, besonders wenn der innere Erfahrungsspeicher neu angelegt wird oder noch gefüttert werden muss.
Besonders schwer wird es allerdings, wenn wir die Schwingung nicht verstehen können oder als Erfahrung abspeichern, wie eben beim Tod. Wir haben normalerweise keine persönliche Erfahrung mit dem eigenen Tod, oder dem eigenen Sterben, daher gibt es auch keine innere Erfahrung mit dem die äußere Schwingung in Einklang gehen kann.
Dieser Umstand macht es uns oft so schwer diese Begegnung mit dem Tod von Menschen, welche wir lieben, als Etwas einzig unbekanntes einfach so anzunehmen. Wir können auf keine persönliche Erfahrung zurückgreifen, es gibt keinen Resonanzspeicher dafür, egal wie alt wir werden, oder was wir meinen darüber zu wissen.
Manche Menschen, die eine Nahtoderfahrungen gemacht haben, besitzen diese innere Erfahrung plötzlich. Aus diesem Grunde können sie meist mit diesem Thema besser umgehen, denn sie haben eine innere erlebte Resonanzfähigkeit entwickelt. Ihr Verständnis von Leben und Tod ändert sich dadurch komplett. Meine persönliche Resonanz wurde durch viele spirituelle Erfahrungen, Erlebnisse und Geschichten geprägt. Diese Erfahrungen haben, sowohl unerträglichen Schmerz als auch Dankbarkeit und Liebe in mir verankert.
Für mich ist der Tod eine Heimkehr zum Ursprung allen Seins. Und auch im Leben ist das nach Hause kommen eine Reise zum Ursprung. Wir sind geboren aus dem Staub von sterbenden Sternen, sie schenkten uns damit auch das Leben. Dahin kehren wir eines Tages zurück, denn alles ist ein Kreislauf. Wirklich weg waren wir nie, wir waren irgendwie auch immer Zuhause.
Über Peter Graus
Durch seine jahrzehntelange Tätigkeit in Gesundheitszentren, Klinken und bei Ärzten als Bewusstseins- und Energetischer Therapeut kann er auf einen großen, praktischen Erfahrungsschatz zurückgreifen. Einer seiner Grundsätze lautet: „Ich sage dir nicht, wie krank du bist, sondern ich zeige dir, wie gesund du bist.“
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