Eine Streitschrift für eine fette Portion mehr Welt-Ungehorsam.
„Die Zeit drängt. Der Klimawandel macht keine Pause. Wir schon. Täglich und immer wieder. Das muss sich ändern. Bei jedem einzelnen von uns.“ Claudia Langer
Wenn Sie zur potenziellen Großeltern-Generation gehören, dann gehören Sie vielleicht zu den „Menschen, die noch wissen, wie man für Ideale auch gegen Widerstände kämpft“. Aber viele gehören eben zur Generation der „Man müsste mal“-Eltern, die „eine moderne Form des Ablasshandels betreibt. Sie erstickt ihre Kinder mit materiellen Dingen, schüttet sie zu mit einem Startvorteil nach dem nächsten, weil sie ihnen sonst kaum etwas geben kann“.
Claudia Langer wettert und klagt an, aber sie wettert nicht GEGEN die Generation „Man müsste mal“, sondern FÜR sie. Sie hat eine Streitschrift aufgesetzt, in der sie uns alle – und sich selbst – wohlwollend und wohltuend an den Ohren zieht; an den Ohren, von denen Jesus einst in seinem Gleichnis vom Sämann sagte: „Wer Ohren hat zu hören, der höre.“
Claudia Langer kennt alle Varianten von Ausreden, um nicht ins Handeln zu kommen, den grünen „Lifestyle“, der meint, mit Mülltrennung und Einkäufen bei Manufactum schon genug gemacht zu haben, um den Nachkommen eine lebenswerte Welt zu hinterlassen. Die dreifache Mutter war erfolgreiche Unternehmerin und hat die Internet-Plattform Utopia ins Leben gerufen, weil „ich gehofft hatte, dass eine Community im Internet die Welt bewegen kann“. Nur um festzustellen: Es genügt nicht. Doch dort wie hier war und ist sie getrieben von der Einsicht: „Der Menschheit bleiben nur noch fünf bis zehn Jahre, um eine Klimakatastrophe zu verhindern. Jeden Tag läuft Zeit davon.“ Weil dem so ist, hat sie dieses aufrüttelnde Buch geschrieben: „Das Internet kann Veränderungen anstoßen, nachhaltig ausgestalten und umsetzen müssen wir alle sie im ‚wahren‘ Leben.“
Ihr 160-seitiges Buch kann man schlecht lesen, ohne sich angesprochen und betroffen zu fühlen. Und genau das ist sein Sinn. Es ist also ein Buch, das all jene besser nicht zur Hand nehmen, die ohnehin nicht vorhaben, sich von der Stelle zu bewegen; all jene eben, die den Satz „man müsste mal“ nur in ihrem Kopf und Mund, aber nicht in ihrem Herzen bewegen. Doch ein gutes, sinnvolles Buch für die anderen, die nach innerer Verstärkung suchen, nach einem Katalysator, der sie vom Überlegen und Abwägen ins Handeln bringt. Und endlich das „man müsste mal“ aus ihrem Sprachschatz streichen.
Die einzige Gefahr an dieser Streitschrift: Man kann sich an ihr berauschen. Denn Claudia Langer formuliert flott und auf den Punkt, zieht nichts in die Länge, so dass manches Kapitel nur zwei, drei Seiten lang ist. Zwischendurch lässt sie Andere, Größere, die Dinge zusammenfassen, anrührend beispielsweise von Sophie Scholl: „Zerreißt den Mantel der Gleichgültigkeit, den ihr um euer Herz gelegt habt. Wenn jeder wartet, bis der andere anfängt, wird keiner anfangen!“ Deftig aus einem in Philadelphia gefundenen Graffiti: „Unfuck the World!“ Dann also Buch zuklappen und den Hintern hoch bekommen, endlich die Wandlung vom Wut-Bürger zum Mut-Bürger vollziehen. Denn „Wutbürger wollen bewahren“ – ihren Besitzstand, ihren Komfort, ihre Ruhe –, „Mutbürger hingegen wollen verändern, eingreifen und mitgestalten.“
Autor: Bobby Langer
Gebundene Ausgabe: 192 Seiten
Verlag: Droemer Knaur, 2012
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3426275767
ISBN-13: 978-3-426-27576-4