Schamanische Traditionen gibt es auch hier im Westen. Fernab von Wochenendkursen eröffnen sich dem Sucher auch tiefe spirituelle Wege. Einer, der sich ganz diesem Weg verschrieb ist der ehemalige TV-Redakteur Lars Köhne, für den nach der Begegnung mit authentischen Schamanen ein komplett neues Leben begann. In seinem zweiten Artikel für MYSTICA (1. Artikel: Ich war nie heilig) beschreibt er einen tiefen Einweihungsweg und Erlebnisse während eines Seminars.
Von Lars Köhne
Heilung kann durch verschiedene Wege und Lebensausrichtungen erfolgen. Meiner Erfahrung nach bedarf es dazu in den meisten Fällen zweier energetischer Grundvoraussetzungen. Erstens einem persönlichen Entschluss, zum Beispiel, um ein Trauma oder eine Opferposition zu verlassen. Zweitens dem Ausgleich zwischen sich scheinbar widerstrebenden Energien wie männlich/weiblich, Licht/Schatten oder auf körperlicher Ebene basisch/sauer, um nur einige wenige Möglichkeiten zu nennen.
Der Mensch scheint unter anderem die Aufgabe zu haben, die Gegensätze der dualen Welt auszugleichen und in sich selbst zu integrieren. Diese Erkenntnis ist nicht neu und war auch schon unseren Urahnen bekannt. Verschiedene Modelle haben die Einheit hinter den Gegensätzen verdeutlicht. Im Asiatischen ist es das Yin/Yang, im Judentum die Kaballah. Auch der europäische Raum hatte das Wissen um die Bedeutung des Menschen als Mittler und Ausgleicher, dargestellt in der Weltenesche – dem Yggdrasil. Dieser geht allerdings in seiner Komplexität weit über die bekannten Bedeutungen anderer „heiliger Bäume“ wie dem Baum des Lebens oder dem Baum der Erkenntnis aus dem christlichen Kulturkreis hinaus. Neben den verschiedenen Symbolismen, die ihm innewohnen, ist er – so wie ich ihn wahr nehmen darf – vor allen Dingen ein Verbinder der verschiedenen Welten (bzw. Energien) unserer Erde als auch des gesamten Universums, in einigen schamanischen Traditionen schlicht Ober-, Mittel- und Unterwelt genannt.
Insgesamt werden dem Yggdrasil neun verschiedene Welten zugeordnet. Eine Welt ist Midgard oder auch Mittelerde, wie Tolkien „unsere“ Welt nannte. Um Midgard herum gibt es acht weitere Welten, die sich jeweils zu dualen Paaren mit dualen energetischen Aspekten zusammenfassen lassen:
Ljossalfheimr (Intellekt) – Swarthalfheimr (Emotion/Gefühl)
Wannaheimr (Ausgleich, Balance) – Jötunheimr (Bewegung)
Muspelheim(Feuerenergie) – Niflheimr (Eisenergie)
Asgard (höchstes Bewusst-Sein) – Hel (Unbewusst-Sein)
Als ich mich in die verschiedenen Welten des Yggdrasil einließ, bemerkte ich, wie etwas in meinem Kopf und meinem Herzen geschah. Die vermeintlichen Wiedersprüche der verschiedenen Kräfte lösten sich auf. Also entschloss ich mich, dieses Wissen in Seminaren weiterzugeben, um Menschen zu helfen, in ihre Kraft, Macht und Mitte zu kommen. Das Folgende sind die Erfahrungen einer Nacht und eines Morgens nach einem solchen Seminar. Ich habe sie so erlebt und erhebe weder Anspruch auf geschichtliche Korrektheit, noch allumfassende Wahrheit.
Die Nacht des Yggdrasil
Sie gurten mich fest. Seine Helfer sind bestimmt. Kein Lächeln. Sie erfüllen ihre Aufgabe. Ich fühle das nasse Moos der alten Eiche an meinem Rücken und den Sturm und Regen im Gesicht. Der Sommer ist nicht mehr da. Die Nebel sind an seiner Stelle in die Berge gereist und haben die Wirklichkeit verdeckt. Haben den Platz bereitet für die Wesen, die dabei sein werden.
Sie ziehen die Gurte fester. „Falls Du vor Erschöpfung zusammensackst“, sagen sie. Sie legen mir ihre Hand aufs Herz. Er schaut und nickt. Er hat mich gerufen. Ich bin gekommen. Er ist der, der mich weihen wird. Jahre nachdem ich die innere Weihe des Schattenläufers erhalten habe. Dolmar hat mich gefragt ob ich soweit sei. Ich habe bejaht. Es gab nie ein zurück. Ich habe vor Urzeiten gewählt und werde folgen. Mir, den Ahnen, dem Dienst, dem Leben und der Befugnis.
Der Tag zuvor war bereits dem großen Baum gewidmet. Ich habe als schamanischer Lehrer 12 Menschen durch die neun heiligen Welten des Yggdrasil, der nordischen Weltenesche, geleitet. Sie sind nun frei. Sie können nach Hause. Auf mich wartet anderes. Ich schaue hoch. Die alte Eiche ist kalt an meinem Rücken. Sie ist groß, einzigartig. Sie hat schon viel gesehen. Ich bin nur ein Mensch, der an sie gefesselt ist. Sie wird mir keine Wärme spenden.
Noch habe ich es nicht vollbracht. Der Wind wird stärker. 12 Stunden werde ich stehen müssen, ohne mich bewegen zu können. Es ist die Nacht der Einweihung. Ich werde abermals durch die neun Welten gehen müssen. Dolmar und seine Helfer haben mich allein gelassen. Die ersten Schatten der Nacht zeigen sich. Keine Farben mehr. Das Grau breitet sich aus. Ich gehe in die Anderswelt und bleibe mit meinem Körper am Baum. Für heute Nacht ist die Eiche mein Weltenbaum. Alles was ich habe, alles was mich trägt.
Ich sehe sie. Sie sind die ersten die sich zeigen. Die alten Jäger der Berge. Sie schauen mich an mit ihren Speeren, langen Haaren. Sie sind wild und neugierig. Viele haben ihr Leben für ihren Stamm gelassen. Auf der Jagd nach Fleisch. Sie sind aufgefahren und doch hier geblieben. Ich nicke. Ehre den alten Weg. Sie setzen sich in einiger Entfernung und betrachten.
Noch etwas ist gekommen. Ich sehe sie, fühle sie. Das kleine Volk ist da. Die, die sich mir damals als erste gezeigt hatten. Ich bin angenommen. Die erste Welt des Yggdrasil offenbart sich mir. Die Nacht senkt sich herab. Frieden ist in mir. Der Tag brachte das Licht und die Nacht das Dunkel. Auch hier bin ich zu Hause. Die Zwerge nicken. Ich bekomme eine Ahnung des Lebenstraumes der mir zustehen kann. Kein Mangel. Geschenke aus fließendem Gold. Nicht zur Bereicherung, sondern zur Beruhigung. Als Gabe aus der Mutter. Ich lebe meinen schönsten irdischen Traum. Ich darf es. Ich soll es. Ich tue es.
Svartalfheimr ich ehre dich.
Der Regen wird stärker. Der Wind auch. Nun, da das letzte Licht geht. Mein Ölzeug hält das Wasser von außen ab. Die Kälte von innen nicht. Und dann sehe ich sie. Wie eine Lichtsäule schwebt sie durch den Wald. Ihr Gefolge ist neben ihr. Die Elbenherrin des Waldes. Weißer Lichtnebel. Hellblau, Violett. Die Farben verändern sich. Nie sah ich Schöneres. Kaum Umrisse und doch zeigt sie sich mir. Es war niemals ein Arg an ihr. Wird es niemals sein.
Wie schuldig bin ich ihr gegenüber. Verdorben. Viel zu tief im Fleisch verankert. Ich weine. Elender Mensch. Der Vergleich in seiner schlimmsten Form. Ich bin der verlachte Junge. Der missbrauchte Junge. Der, der nicht mehr in der Sicherheit des Felsenklosters weilt, weil er gehen und wieder kommen musste. Ich wage es nicht mehr, meinen Blick zu erheben. Ich bin es nicht wert. Sie ist zu rein für meinen Anblick. Auch hier auf der Mutter ist sie so, als ob sie das All-eins nicht verlassen hätte.
Ich sacke zusammen. Das erste Mal in dieser Nacht. Doch die Seile halten mich. Schnüren in mein Fleisch und geben mir Halt.
Ljossalfheimr ich ehre Dich.
Ich habe weder Uhr noch irgendeine Zeitvorstellung. Ich weiß nicht wie lange ich weg war. Ich bin da. Ausgeliefert. Es gibt nichts zu verbergen. Und dann zeigt er sich das erste Mal. Einen Umhang trägt er. Ich erkenne ihn. Er verhüllt sich. Nur sein Hirschgeweih darf ich erblicken. Er kommt nah. Als ob er an mir riechen will. Ich kenne ihn. Er wendet sich ab.
Ich bin wieder allein. Meine Füße und Knie schmerzen. Ich beginne auf der Stelle zu treten. Die Kälte der Berge ist längst in mir. Ich habe keine Kontrolle mehr. Ich gebe mich der Nacht und dem reißenden Strom allen Lebens hin. Ich bin gebunden, werde mitgerissen. Ich werde verletzt, blute, schreie. Aufgabe. Schicksalsschläge, Krankheit, Tod, Unfälle. Das Leben hat manches Unveränderliches als Überraschung für uns bereit, dem wir nicht entrinnen können und sollen.
Ein Tosen beginnt in meinem Kopf. Ein Orkan. Es wird größer. Ich bin im Lebensstrom und er in mir. So war es schon immer. Ein Schrei. Mein Schrei der Ohnmacht.
Jötunheimr ich ehre Dich.
Die Ohnmacht bringt Frieden. Nach der Aufgabe kommt die Erkenntnis. Zum ersten Mal fühle ich den Baum hinter mir. Ich danke ihm. Die Eiche dieser Nacht. Mein Yggdrasil. Ich zittere. Er öffnet seine moosbewachsene Tür an meinem Rücken und lässt mich ein. Nur ein wenig, so dass ich seine Wärme fühle. Er trägt mich. Ich stehe gerade. Fühle meine Beine nicht mehr. Wie schwerelos. Ich schaue mich um. In der schwarzen Stille vor mir die Beobachter des Berges. Das Licht wie der Schatten. Ich bin über dem Chaos des Seins. Ich habe das Wollen beendet. Ich bin in absoluter Balance, Ich bin der Meister. Ich hatte mich nur nie erkannt.
Vanaheimr ich ehre Dich.
Meine Lippen sind trocken. Ich habe Durst. Ich darf nichts trinken. Meine Augen sehen auf Mutter Erde. Tief hinein geht mein Blick in die Essenz des Erdenfeuers, das uns am Leben erhält. Die Flammen toben und lassen nichts zurück. Entfesselt. Unbeugsam. Niemals gefangen oder gezähmt. Ich begebe mich hinein in diese Kraft. Die Atome tanzen, springen, werden aufgelöst, um neu erschaffen zu werden. Nach vorne drängt es. Will erobern und verzehren. Ein Paarungsrausch mit allem, was sich ihm in den Weg stellt.
In all dem Chaos blickt er mich plötzlich an. Der rote Drache. Wie damals. „Ohne mich bist du nicht da. Du bist ein Teil von mir. Nur durch mich dürft ihr leben. Aber ohne Euch wäre mein Sein ohne Sinn. Wir sind auf ewig verbunden. Ich bin Zerstörung, wenn ich maßlos bin. Und ich bin Wärme und Licht für diejenigen, die mich ehren und achtungsvoll rufen. Ich gebe dir Befugnis, Mensch“
Ich tauche wieder auf aus der Erde. Ich bin in die Flammen gegangen. Sie haben mich gereinigt. Ich bin leer.
Muspelsheim ich ehre Dich.
Die Kälte ist zurück. Sie kriecht. Nicht schüchtern, sondern bestimmt. Sie nimmt Besitz von mir. Füllt mich aus. Zuerst zittert mein Körper. Danach kommt Lähmung. Es fällt mir schwer zu atmen. Rückzug. Das Leben und die Schöpfung in mir kommen zum Stillstand. Es fällt mir schwer zu atmen. Keine Bewegung der Atome. Ich wehre mich wieder. Will es nicht. Doch ich habe keine Wahl. Der Yggdrasil führt mich ganz durch sich selbst. Ich ergebe mich dem Eis. Dem absoluten Nullpunkt.
Das zweite Mal in dieser Nacht breche ich zusammen. Kein Mond. Keine Sterne. Keine Wärme. Kein Laut. Wachen? Träumen? Welchen Unterschied macht das. Es ist nur ein anderer Blick.
Niflheimr ich ehre Dich!
Ich erwache. Mein Kopf brennt. Wie in Kindertagen erlebe ich, dass mein Geist eingesperrt ist in meinem Schädelknochen. Ich höre Trommeln. Oder ist es der Wind? Ich bin ent-rückt. Ver-rückt.
Nun zeigt er sich wieder. Der gehörnte Gott des Waldes mit dem Hirschgeweih. Cernnunon. Er schmunzelt. Er kennt meinen Kampf. Er verändert sich. Wird pechschwarz. Er stinkt. Schwefel. Ich sehe die Hufe. Ich atme seinen Atem. Mir wird übel. Bist du bereit? Wofür? Er lacht. Entfernt sich wieder. Dort will ich nicht sein.
Ich erhebe mich. Aus dem Chaos. Aus dem Leid. Ich will nach Hause. Fliege höher hinaus, breite mich aus. Werde körperlos. Vergangen die Gedanken, irgendetwas tun zu müssen, erfüllen zu müssen. Es gibt kein Konzept der Schuld. Ich bin außer mir und so sehr bei mir wie noch nie. Ich nehme den höchsten Thron ein.
Die anderen Götter ehren mich. Der Sohn ist zurückgekehrt. Das alte Lied des Nordens wird gespielt mit den Hörnern der Unendlichkeit. Ich bin einer von Ihnen. Odin. Vater. Sohn. Ich bin an den Ursprung zurück gekehrt.
Asgard ich ehre Dich!
Er lässt mir keine Pause. Der Gehörnte zieht mich zurück. Ich erlaube es. Ich weiß, es muss so sein. Ich tue es nicht zum ersten Mal. Deshalb bin ich gekommen. Er bringt mich in das Hel. Den Platz des Unbewussten. Des Entfesselten. Tod, Raub, Gier, Hass, Blutrausch, Macht, Vergessen. Ich sehe es mir an. Ich kenne es. Ich habe es erfahren. In den Leben vor diesem Körper.
Ich sehe mich. Ich trage das blutige Schwert des Kreuzes, das keinen Unterschied machte zwischen Vater, Mutter und Säugling. Mir wird übel. Schwindel ist in meinem Kopf. Auch das ist ein Teil von mir. Der freie Gott ebenso wie der manipulierte Schlächter in den Straßen der ewigen heiligen Stadt. Täter und Opfer.
Das dritte Mal in dieser Nacht breche ich zusammen. ?In meinem Traum erwache ich in einer Kirche voller Dämonen. Sie machen den Weg frei für den Schattenläufer, der ich geworden bin. Sie sehen, dass ich beides trage. Das Licht ebenso wie den Schatten. Ich stehe außerhalb des Kampfes. Ich setze mich in die Mitte der Kirchenbänke und erwarte ihn. Er hat mir etwas zu sagen und zu geben. Ich weiß es. Ich sehe ihn. Er taucht direkt vor mir auf. Rot. Voller Wut. Der lange Schwanz, die Hufe und der Geruch des Verderbens.
Ich sehe ihn nicht zum ersten Mal. Doch etwas ist geschehen. Er achtet mich. Ich bin ein Hüter des Lichtes und des Schattens. Ich sehe Trauer in seinen uralten Augen. Er unterweist mich: „Siehe, in alter Zeit waren wir diejenigen, die das Leben durch unsere Abspaltung ermöglicht haben. Wir sind diejenigen gewesen, die das zu Hause des Vaters verlassen haben, um euch die Möglichkeit zu geben, Schöpfer mit freiem Willen zu werden. Zu Beginn wurden wir geachtet für das, was wir auf uns genommen hatten und Leben und Tod, Freude und Leid waren im Einklang. Doch dann begannen sie, gegen uns zu kämpfen. Unsere freie Kraft wurde vom Kreuz nicht geduldet. Zu machtvoll waren die Frauen und Männer, die sich ihres Lichtes und ihres Schattens bewusst waren. Das, was sie als den Teufel bezeichnen, ist unsere freie Kraft in Verteidigung und Wut. Dieses Geheimnis hattet ihr in der heiligen Stadt gesucht und gefunden. Durch all die Schlachten, die ihr geführt habt, musstet ihr am Ende des Blutrausches eines erkennen. Das Licht war immer noch in euch. Es hatte euch nie verlassen. Aber durch die Schlachten entfaltete sich die wichtigste Erkenntnis von allen. Das Wissen um eure Schatten. Auge um Auge. Tiefer ging es nicht. Das war die Wahrheit. Licht und Schatten auf Augenhöhe. Vereint in einem Menschenkörper. Das Ende des Kampfes in Euch. Die Wiedervereinigung des männlichen mit dem weiblichen. Diese Erkenntnis ist dein heiliger Gral. Euer heiliger Gral. Deshalb wurdet ihr damals als Ritter ausgeschickt. Ermächtige dich wieder Gefallener, der die Last auf sich genommen hat und erzähle den anderen davon.“
Ich erhebe mich abermals zu meinem Thron bei den Göttern. Ich nehme alle Befugnis und stelle mich an die Klippe des Seins. Nein. Dieses Mal werde ich nicht vergessen. Ich springe. Erneut. Wie vor Urzeiten. Doch dieses Mal in vollem Bewusstsein. Ich tauche ein in das Hel und strahle mit meinem Licht. Das Licht kann den Schatten nicht besiegen, aber ihn mit dem Herzen voll und ganz umschließen und begreifen. Ich bin inmitten des anderen. Das andere hat seinen Platz in mir. Der Kreis ist geschlossen.
Hel, ich ehre Dich aber diene dir nicht!
Ich erwache. Der Morgen hat begonnen. Ich sehe einen fröhlichen Pan den Berg hinauflaufen. Noch einmal dreht er sich zu mir um. Er zwinkert mir zu. Ich habe verstanden. Ich stehe auf Midgard. Unserer Erde. Unserer Mutter.
Ich ehre Dich.
Die Helfer des Dolmar sind da und binden mich los. Ich breche fröstelnd zusammen. Meine Beine versagen mir den Dienst. Ich muss gestützt werden. Einer von Ihnen bringt mich zu einem Bach mit dem eiskalten Wasser der Berge. Das Wasser ist gestaut in einem kleinen Pool. Ich ziehe mich nackt aus und tauche dreimal unter. Ich kann kaum atmen. Ich nehme mein altes Ledergewand, streife es über, ziehe meine Hose wieder an.
Er erwartet mich. Ich gehe vor ihm auf die Knie. Ich werde geweiht. Wie damals. In den Kathedralen des Wissens, den Höhlen der Flucht, der Weite der Wüste und der Wildheit der Steppen. Das Tuch, das Stirnband, die Kette, das Schwert.
Ich weine wie ein Kind. Ich habe die äußere Weihe erhalten. Ich erinnere mich.
Ich danke dir Dolmar. Ich danke den Helfern. Ich danke allem was ist.
Später am Tag verlasse ich den Berg. Ich drehe mich um. Die Eiche sieht mir nach.
Yggdrasil. Ich ehre Dich. Du warst da, bevor ich kam und wirst noch da sein wenn ich schon lange wieder gegangen bin.
Über Lars Köhne
Seit 2007 arbeitet Lars Köhne als Schamane. Er ist 46 Jahre alt, lebt im Münsterland und ist Vater einer Tochter. Über 20 Jahre hat er als TV Redakteur und -Reporter für verschiedene öffentlich-rechtliche und private TV Sender gearbeitet. Der Großteil seiner Arbeit galt dabei Auslandsreportagen und Dokumentationen. Die ersten Kontakte mit Schamanen hatte er während eines mehrjährigen Aufenthaltes in Südafrika. Zu diesem Zeitpunkt hatte er jedoch keinen Bezug zu der Sichtweise dieser helfenden Menschen. Durch seine erste schamanische Reise, die er in der Eifel durchführte, hatte er ein Erweckungserlebnis, in dem er sich an viele vergangene Dinge aus sehr früher Zeit erinnerte.
Der bevorzugte Arbeitsplatz ist ein Tipi ähnliches Zelt, in dem er an verschiedenen Orten in Deutschland Klienten empfängt und mit ihnen intensiv arbeitet. Je nach Problematik werden Belastungen innerhalb von Familie/Ahnenstrukturen/ beruflichem Umfeld bearbeitet, fehlende Seelenanteile zurückgebracht und wieder integriert, Blockaden extrahiert, Körper und Chakren gereinigt und energetisiert, schamanische Reisen durchgeführt oder der Klient dazu angeleitet. Auch das Reinigen von Gebäuden und Plätzen führt er regelmäßig durch. In Ritualen und Seminaren, in denen er unter anderem Gesänge der Hathoren und der Weltenesche, des Yggdrasil durch sich singen lässt, führt er die Teilnehmer in Bewusstseinszustände, die zum Nachdenken anregen und die Last des alltäglichen vergessen lassen.
Wichtig ist ihm bei seiner Arbeit, dass die Kraft der Liebe zwar universell ist, er als Schamane aber auf heimischem Boden arbeitet. Er versteht sich als Instrument und Diener, dem es erlaubt wird, helfend zu arbeiten. Lars Köhne vertritt keine Religion oder esoterische Glaubensrichtung! Er verneint jedes Dogma von „richtig und falsch“ und lehnt jede Art von „Gurudenken“ ab. Er versteht sich ausschließlich als Helfer und Diener für andere Menschen.
4 Kommentare
Lieber Lars, ich verstehe vieles nicht von dem was du schreibst, habe mich noch nicht viel damit beschäftigt. Fühle eine tiefe Wahrheit, Angst und Neugier. Freue mich, wenn du bald zu mir kommst, ein Feuer mit mir teilst und durch deine Anwesenheit mein Land heilst. Hugh Heike Helene Ursa, die mit der Bärin tanzt, ich danke dir aus tiefem Herzen für deinen Mut, deine Bereitschaft und Entschlossenheit.
Lieber Lars,
ich danke Dir von ganzem Herzen für diesen zu tiefst berührenden Text und das spürbare teilhaben an dem, was Du erlebt hast.
Während ich Deine Zeilen gelesen habe war in mir selbst ein Gefühl der Anspannung und Entspannung, Neugier und Wissen, Angst und Vertrauen…vor allen Dingen aber die Worte:
„Ja, so ist es.“
Alles bekommt jetzt durch Deine Zeilen mehr und mehr Sinn, unsere Existenz, die verschiedenen Welten, die wir bewusst oder unbewusst durchlaufen.
Dein Erlebnis mit dem Gehörnten Cernnunon deckt sich mit der Wahrheit, die ich für mich erkannt habe, als ich mich letztes Jahr mit dem christlichen Glauben beschäftigt habe, oder sagen wir besser mit von der geistigen Welt gesagt wurde, ich solle in eine ganz bestimmte, katholische Kirche hier in meiner Nähe gehen.
In dieser Kirche ist oberhalb des Altars die Figur eines Engels mit Schwert in der Hand zu sehen, der den Gehörnten mit seinem rechten Fuß an seinem Hals zu Boden drückt. Ich habe nur das schmerzverzerrte Gesicht des Unterlegenen gesehen und spürte in mir tiefes Mitgefühl, Anteilnahme und hörte die Worte:“Warum versteht ihr nicht, dass wir es für euch getan haben.“
Ich bin dem Leben so dankbar für unsere Begegnung bei dem Samhain Ritual letztes Jahr, lieber Lars und spüre, dass ich schon bald wieder auf Dich treffen werde, denn Du bist maßgeblich wichtig für meinen weiteren Weg. Ich danke Dir für Dein Sein.
Ich lese … und tauche ein … tief … und bin berührt. Erkenne. Erinnere … mich … meiner. Alleine durch das Lesen wird so etwas wie ‚wieder eins werden‘ möglich … kann das tatsächlich sein? Und ich spüre eine tiefe Sehnsucht nach diesem nach Hause kommen …
Danke für dieses mit-teilen, Lars.
Lieber Lars Köhne,
dieser Text ist zutiefst berührend, geht an die Wurzeln. Ich danke Ihnen dafür. Sie haben mir damit eine Brücke geschlagen zwischen unseren Wurzeln bis zur heutigen Kultur, alles hat Platz. Der Bogen von demjenigen, der das Haus des Vaters verliess, unseretwillen, und unserem Kampf um Licht und Schatten bis zur Erkenntnis, dass wir beides in uns tragen können, müssen, ist für mich schlichtweg atemberaubend.
Da hat Ihre Schilderung Vieles geweckt, an dem ich noch lange lernen kann.
Ciara