Ein Kommentar von Thomas Schmelzer
Wir haben ein neues Trendthema im Bereich Spiritualität und Bewusstsein, das diesmal deutlich auch im Mainstream vertreten ist: Nahtoderfahrung und Sterben. Sogar Bild am Sonntag und Der Spiegel brachten unlängst große Titelstorys. Einige interessante Buchveröffentlichungen und sogar ein Theaterstück zum Thema zeigen, dass die Menschen wissen möchten: Was geschieht, wenn wir sterben? Ist dann alles vorbei?
Vielleicht sind wir alle schon etliche Male gestorben (wenn man an Wiedergeburt glaubt), aber auch in „dieser Inkarnation“ haben angeblich schon ca. drei Millionen Deutsche eine Nahtoderfahrung erlebt: Ein Mensch, durch einen Unfall oder eine Operation zwischen Leben und Tod, erlebt sich plötzlich aus seinem Körper schwebend, sieht einen Tunnel, ein Licht, auf das er sich zubewegt. Er begegnet anderen Wesen, sieht auf sein Leben zurück, gerät an eine Schwelle, an der er den Ruf erhält, zurück zu kommen. Er folgt widerwillig, weil das Jenseits so schön ist – und ist am Ende wieder in seinem Körper.
Eine verrückte esoterische Story für die einen, Tatsache für jene, die so etwas selbst erlebt haben. Immer deutlicher wird, wie vielen dies geschehen ist, weil die Schwelle zurückgegangen ist, darüber zu berichten. Fast alle hat dieses Erlebnis stark verändert. Sie sehen mehr Sinn in allem. Einzelne von Ihnen hatten allerdingst auch negative Erfahrungen. Eine Bewusstseinsfrage?
Wieder andere, die in ähnlichen Gefahren schwebten, erlebten überhaupt keine Reise oder ähnliches. Ist diese nur jenen vergönnt, die es auch dringend benötigen, sozusagen als mystisches Geschenk? Ich weiß, wovon ich spreche. Vor 20 Jahren hatte ich Krebs. Es gab keine Nahtoderfahrung mit all diesen Stationen, bis auf eine, vielleicht entscheidende: Licht, Liebe, Friede als zutiefst bewusst erlebtes Einheitsgefühl.
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Sicherlich ist Vorsicht geboten, übergroße Erwartungen bei Lesern solcher Bücher zu erwecken – denn das Leben selbst findet JETZT statt. Mich berühren all die Geschichten, auch die Titelstory im Spiegel, immer wieder aufs Neue, denn sie erinnern an das Wesentliche: Karriere, Geld, Erfolg, Ziele sind dann überhaupt kein Thema mehr, wenn es darum geht, den großen Abschied zu begehen, den wir uns selbst zeitlich nicht aussuchen können. Hingabe an das Schicksal, Vergebung, Loslassen sind dann hilfreiche Fähigkeiten – aber vor allem geht es dann um diese eine Frage: Wem hast du Liebe gegeben? Wo hast Du aus Liebe gehandelt? Liebst du?
Gerade in jüngster Zeit erschienen einige wunderbare Geschichten von Sterbebegleitern und Angehörigen, die Ihre Liebsten in den letzten Tagen begleiten und zum Teil sogar mit ihnen einen kleinen Blick ins Jenseits erhaschen durften, was auch ihnen oft einen neuen Blick aufs Leben gewährt.
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Was aber wirklich geschieht in jenen Stunden des Sterbens – und darüber hinaus – das wissen wir nicht. Ungefähr die Hälfte der Weltbevölkerung glaubt an Wiedergeburt, während ein materialistisch denkender, „moderner“ Mensch oft davon ausgeht, dass nach dem Tod des Körpers auch keine Seele weiterleben kann.
Vielleicht aber wandelt sich diese Sichtweise bereits. Wenn man sich die Mühe macht, ein bisschen zu forschen, stößt man auf eine Vielzahl faszinierender Quellen: Ägyptisches und Tibetisches Totenbuch, Nahtoderfahrungen, Sterbebettvisionen, Aussagen medialer und hellsichtiger Menschen. Fast alle sind sich darin einig: Es ist nicht zu Ende mit dem Tod, Sterben ist nur ein Übergang. Und einen Sterbenden zu begleiten ist eine tiefe, meist heilsame Erfahrung für beide.
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Und, vermutlich kennen sie diese Frage, die aber immer wieder mal hilfreich sein kann:
„Stell Dir vor, Du hast noch eine Woche zu leben. Bei wem würdest Du Dich noch entschuldigen? Wem eine Wahrheit erzählen? Was würdest Du erledigen, was noch einmal genießen wollen? Wem möchtest Du noch einmal Deine Liebe erklären?
Gut, vermutlich lebst Du noch ein Weilchen länger. Aber was hindert Dich daran, diese Themen schon jetzt mutig und freudig anzugehen?“
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Thomas Schmelzer
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Medientipps:
Magazin raum&zeit, Heft 176: „Besuch im Jenseits“
Magazin raum&zeit, Heft 179, ab Ende Juni 2012: „Der große Abschied“ (beide Artikel von T.S.)
Gian Domenico Borasio: „Über das Sterben“, C.H. Beck Verlag, München 2011
Michael Nahm: „Wenn die Dunkelheit ein Ende findet“, Crotona Verlag, Amerang 2012
Raymond Moody: „Zusammen im Licht: Was Angehörige mit Sterbenden erleben“, Goldmann TB, 2011
Dr. John Lerma: „Ins Licht“, Amra Verlag, Hanau 2012