Geister sind Teil der Wirklichkeit. Sie lassen sich hören und sehen, manchmal auch riechen, und visualisieren sich gegebenenfalls in zeitgemäß adäquater Weise.“ (Klaus E. Müller 2004, 94)
Nicht nur in vielen Religionsformen werden Geister bzw. Geistwesen für real gehalten; manche spirituellen Praktiken, wie z.B. im → Schamanismus oder → Voodoo, gehen explizit von ihrer Existenz aus. So wird mit Geistern kommuniziert, geschimpft, man besänftigt sie oder bittet um Hilfe. Wenn sich die Mitglieder einer sozialen Gruppe im Bestehen von bestimmten Phänomenen wie den Geistern einig sind – so haben viele Ethnologen deutlich gemacht –, dann ist dieses Phänomen auch existent und wirklich.
Auch in der westlichen → Magie hat die Anrufung von Geistern Tradition. Im → Spiritismus werden die Seelen der Verstorbenen für Geistwesen gehalten, in der → Theosophie nennt man sie auch Astralwesen. Diese Wesenheiten können unter bestimmten Voraussetzungen mit den Lebenden Kontakt aufnehmen. In der afrikanischen Spiritualität (→ Voodoo, → Sangoma) bildet man bestimmte Menschen regelrecht dafür aus, von Göttern (die in gewisser Hinsicht auch als Geister oder → Energien verstanden werden) „besetzt“ zu werden. Im christl. Glauben gibt es seit der → Gnosis eine Heerschar von gefallenen, gutmütigen und hilfreichen → Engeln.
Die Gattung der Naturgeister, die „kleinen Völker“ wie Alben, Elfen, Feen, Kobolde, Trolle, Zwerge u.a. (→ Germanen), leben in der Natur und manifestieren sich gern sensitiv begabten Besuchern dieser Orte. Natur- und Elementarwesen halten sich nicht an die menschlichen Vorstellungen von Naturgesetzen und Kausalität. Darunter gibt es menschen-, pflanzen- und tierähnliche Wesen. Im Allgemeinen gelten diese Naturgeister als gutmütig und hilfreich, aber manchmal auch als koboldhaft. Selten sind sie indes richtig „böse“.
Die Geister der Zwischenreiche, in der → Theosophie als Astralwelt bezeichnet, können sich auf jede sichtbare Weise verkörpern. Im christl. Glauben werden diese Geistwesen als → Dämonen angesehen (→ Teufel). In schamanischen Gesellschaften treten sie überwiegend als Tiergestalten auf (→ Geisttiere). In der Vorstellung mancher dieser Gemeinschaften können die Tiergeister auch die menschliche Seele in Besitz nehmen.
„Entschieden gefürchteter jedoch waren Geister, die den Menschen in ihrer, aber auch dann zumeist irgendwie abgewandelter Gestalt gegenübertraten. … Sie zeigten sich in den absonderlichsten – und vor allem schreckenerregenden – Gestalten, halb Mensch, halb Tier, mit dicht behaart, mit Rettigkopf, tellergroßen feurigen Augen, grünem, zottigem Haar, kupfernen Krallen und rückwärts gewandten Füßen, die Frau mit überlangen, über die Schultern geworfenen Brüsten, mal als bucklige Zwerge … mal als grobschlächtige Riesen…“ (Klaus E. Müller 2004, 93)
Der dt. Begriff „Gespenst“ für Geistererscheinungen ist meistens angstbesetzt, weil Geister oder Geistwesen, die sich zeitweise materialisieren oder sichtbar machen, die Ordnung der menschlichen Wahrnehmung durcheinander bringen können. Geister können jedem Menschen erscheinen, zu allen Tages- und Nachtzeiten, und machen sich oft durch Pfeifgeräusche bemerkbar. Die Forschungsergebnisse sind auf diesem Gebiet noch sehr dürftig, trotz jahrzehntelanger Beschäftigung der → Parapsychologie mit diesem Phänomen. Angesichts der unzähligen Fälle von Geistererscheinungen kann das Phänomen auch naturwissenschaftlich nicht als → Halluzination abgetan werden. Viele spirituelle Lehrer raten Menschen auf dem spirituellen Weg dazu, sich erst dann auf Geistwesen einzulassen bzw. mit ihnen in Verbindung zu treten, wenn ihr Bewusstsein gefestigt und in der spirituellen Welt verankert ist. Siehe auch: → Ritual.