Die Kosmetikindustrie hält für jede Art von Falte ein Cremchen bereit, und ihr Versprechen, dass das Glätten der Haut so einfach (wenn auch teuer) sein kann, wollen wir gerne glauben. Auch Gesichtsgymnastik wird empfohlen, viel zu trinken, ausreichend Schlaf, UV-Licht meiden.
Wenn die Falten dann doch nicht verschwinden, gibt man sich selber die Schuld: nicht regelmäßig genug gecremt, grimassiert, doch zu spät ins Bett gegangen, keinen Sonnenschutz benutzt… Auch Botox und Vitamin-A-Säure sind populär. Sind es keine Falten, die stören, sondern geschwollene Lider, Rötungen und Hautunreinheiten, versucht man es mit Gesichtsmasken, Make up oder medizinischen Salben.
Aus gutem Grund bevorzugen wir das glatte rosige Antlitz im Spiegelbild: Ein straffer, gut durchbluteter Teint lässt auf einen gesunden Menschen schließen, und so einer zu sein, ist instinktiv unser Wunsch. Nicht zufällig gefallen uns die makellosen Werbegesichter, mögen sie auch noch so abgepudert und retouchiert sein. Entdecken wir im eigenen Gesicht Fältchen, Pickel, speckigen Glanz, Ekzeme, geplatzte Äderchen, Tränensäcke und was es sonst noch so alles Unschönes gibt, beunruhigt uns das. Aus gutem Grund, denn gerade im Gesicht spiegeln sich Stoffwechselprobleme und Organstörungen schon in ihrem Anfangsstadium wider. Alle Informationen über den Zustand des Körpers werden nämlich über die drei Hauptnervenstränge Nervus vagus, Nervus trigeminus und Nervus facialis an das Gehirn und die Ausdruckszonen der Organe im Gesicht weitergeleitet.
Mehr oder weniger bewusst deuten wir auch im Gesicht des anderen Hautveränderungen als Hinweis auf sein/ihr Befinden. Im alten China haben sich die Gelehrten schon im zweiten Jahrtausend vor Christus mit der sogenannten Antlitzdiagnostik beschäftigt. Auch in unserem Kulturkreis hat das Gesichtslesen eine sehr lange Tradition. So befassten sich u.a. Hippokrates (460-370 v. Chr.), Paracelsus (1493-1541), Dr. Wilhelm Heinrich Schüßler (1821-1898) und Carl Huter (1861-1912) eingehend mit der Korrespondenz zwischen Gesichtspartien und inneren Organen. Der bekannte Schweizer Naturarzt Natale Ferronato (*1925) gilt mit als Begründer der sogenannten Pathophysiognomik.
Vistara H. Haiduk, Heilpraktikerin in eigener Praxis, hat im Gräfe und Unzer Verlag einen gut strukturierten Ratgeber zu diesem Thema veröffentlicht: „Gesichtsdiagnose: Krankheitszeichen erkennen – Beschwerden natürlich behandeln“, illustriert mit vielen Abbildungen, wo und wie sich welches Organ im Gesicht ausdrückt. Haiduk erklärt die Funktionsweisen der Organe und ihre typischen Störungen. Sie geht dabei nicht nur auf die körperliche, sondern auch seelische Ebene ein, denn jedes Organ dient auch der Verarbeitung von Gefühlen und wird durch ungelebte Emotionen geschwächt.
So haben magenempfindliche Menschen häufig schmale Lippen und speziell geformte Nasolabialfalten, welche halbkreisförmig von den Nasenflügeln um den Mund herum zum Kinn verlaufen. Auch eine rote Nasenspitze kann ein Hinweis auf gereizte Magenschleimhäute sein. Erkrankungen unseres Verdauungsorgans können daher rühren, dass etwas sauer aufstößt oder nicht bekommt: „Was fresse ich in mich hinein? Welche Gefühle kann ich nicht äußern? …“ Haiduk stellt zu jedem Organ eine Reihe von Fragen, die man an sich selbst richten kann, um der seelischen Ursache auf die Spur zu kommen. Eine Reihe hilfreicher Affirmationen steht zur Auswahl. Die Autorin empfiehlt, eine davon drei Wochen lang bis zu 30 Mal täglich leise aufzusagen, z.B.: „Ich verdaue mein Leben mit Leichtigkeit.“ Als Schüßler-Salze-Expertin listet Vistara H. Haiduk auch die entsprechenden Salze zur Unterstützung auf der körperlichen und seelischen Ebene. Auch Heilpflanzen können helfen. Haiduk nennt Sorten und Darreichungsformen.
Das Buch enthält einen Spiegel in der Umschlagseite, so dass man sein Gesicht mit den Abbildungen vergleichen kann. Fällt die Selbstdiagnose schwer, können die von Haiduk treffend ausgedrückten „Botschaften der Seele“ auf die Sprünge helfen. Ich habe mich in vielem auf Anhieb wieder erkannt und innerlich „Ja, genau“ gedacht. Die größte Herausforderung liegt sicherlich in der Heilung, denn so groß der Aha-Effekt ist, so auch die Erkenntnis, dass das Innenleben des eigenen Körpers oft einer lange eingeübten Lebenshaltung entspricht. Die nötige Veränderung ist daher meistens eine sehr grundlegende und erschöpft sich nicht im Einnehmen von Schüßler-Salzen.
Das Buch von Vistara H. Haiduk ist hier sehr erhellend, motivierend und hilfreich. Bei den Abbildungen hätte ich mir „Nachher“-Fotos gewünscht, freilich keine, die aufgrund von Operationen oder Bildretouche entstanden sind, sondern infolge innerer Heilung. Es wäre wünschenswert, wenn sich auch Hautärzte ihrem Fachgebiet von diesem Betrachtungswinkel her näherten.
Eine Rezension von Isabelle Reiff (www.text-der-trifft.de)
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„Gesichtsdiagnose“
Gebundene Ausgabe: 192 Seiten
Verlag: GU
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3833814187
ISBN-13: 978-3833814181
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