Die revolutionären 1969er jähren sich zum 50sten. Was aber hat sich wirklich verändert – oder wiederholt sich alles nur?
von Vismay Georg Huber
Einige Lektionen wiederholen sich im Laufe eines Lebens. Wenn man wieder mal wo festhängt, könnte eine gute Frage dazu sein, ob man Ähnliches nicht schon mal erfahren hat und was man damals nicht lernen, integrieren oder auflösen konnte oder wollte.
Manchmal kommt es mir vor, als ob die halbe Menschheit zurzeit über irgendwelchen versäumten Hausaufgaben brüten würde. Und das soll jetzt der Beginn des Neuen-Zeitalters sein, über den vor 50 Jahren so schön gesungen wurde?
Aber wir sehen es ja deutlich um uns herum und bei uns selber, dass etwas Neues nicht wirklich neu sein kann, wenn das Alte nicht transformiert, geheilt, bzw. zumindest in Ordnung gebracht wurde. Der ganze Scheiß, von dem wir manchmal glaubten, er sei längst erledigt, bricht nochmal hoch. Nach den ganzen Reformen der 60er Jahre und dem ersten schwarzen US-Präsidenten zeigt sich sein Nachfolger ganz offensichtlich als rassistischer Lügner und ziemlicher Idiot. All die schönen Bilder und Vorstellungen die wir hatten, bröseln auseinander im Angesicht des Schattenanteils, der noch nicht wirklich integriert wurde.
Alle wollen etwas Neues, niemand will die Drecksarbeit machen. Aber Göttin Sei Dank sind der Kosmos bzw. das Leben jetzt ziemlich genau, wenn es um unerledigte Dinge geht. Auch uns selber können wir immer wieder die Frage stellen, ob wir unsere Licht- und Schattenseiten wirklich im Sinne von ganzheitlicher Selbstverantwortung annehmen, integrieren und umarmen können. Dann brauchen wir auch keinen Guru oder Veit Lindau mehr, der uns eine lichtvolle Idee von uns selbst spiegelt, auf die wir abfahren können.
Und wehe, wenn da plötzlich doch ein Schatten auftauchte bei den Gurus der letzten Jahre. Dann war aber was los. Dabei hatten wir doch das alles schon X-mal durchgekaut. Die Beatles wendeten sich damals vom Maharishi ab, als das Gerücht herumging, er wäre auf eines der Mädels im damaligen Meditations-Camp von Rishikesh scharf. Da war ein John Lennon aber moralisch ziemlich erbost, auch nur in Erwägung zu ziehen, dass sogar ein indischer Guru menschliche Seiten haben könnte. Seitdem wiederholt sich das gleiche Spiel immer und immer wieder. Und ein jedes Mal ist das Erstaunen und das Entsetzen gross: „Was? Auch dieser vollkommene, lichtvolle Meister hat Sex mit seinen Schülerinnen? Nein! Sag bloss. Von dem hätte ich das aber nicht gedacht!“
Wenn wir von unserem eigenen Licht und unserem Schatten wissen und beides in einem angemessenen Verhältnis integriert und geregelt bekommen, mit unserer Vergangenheit in Frieden sind bzw. sie in Ordnung gebracht haben, dann brauchen wir auch nichts mehr auf irgendwelche Lehrer und Gurus zu projizieren, die schließlich manchmal auch nicht aus ihrer Haut können.
Erst ganz weit rauf auf das Podest stellen und dann wieder empört hinunterstoßen.
Nur weil wir selbst unsere Hausaufgaben nicht gemacht haben.
Überall finden wir heute diese scheinheilige Doppelmoral. Die Ereignisse des Jahres 1969 jähren sich gleichzeitig zum 50igsten Mal. Und was war das für ein glanzvolles und staubiges Jahr voller Licht und Schatten: Die erste ZDF-Hitparade, Nixon wird Präsident, die Beatles spielen ihr letztes öffentliches Konzert auf einem Dach, John Lennon und Yoko Ono heiraten, der FC Bayern München gewinnt das erste Double, Neil Armstrong betritt als erster Mensch den Mond, die sogenannte Manson Family begeht ein schreckliches Blutbad, 500 000 friedliche Besucher beim Woodstock-Festival, Vietnam Massaker und entsprechende Proteste, das Urmel aus dem Eis und schließlich das mörderische Altamont-Konzert der Rolling Stones.
Happy Birthday zum 50igsten kann man da nur sagen! Selten waren Ekstase, Neubeginn und Ernüchterung so nahe zusammen wie in den Ereignissen des Jahres 1969. Doch wie bringen wir heute Love & Peace in ein neues Zeitalter mit genug Wurzeln und Flügeln, genug Himmel und Erdung, damit es jetzt mal Bestand hat und nicht nur den verkaterten Geschmack eines zugedröhnten Sommers der Liebe?
„Make Love Not War“ gilt heute noch genauso wie vor 50 Jahren. Und „Give Peace A Chance“ sowieso! John Lennon konnte seinen eigenen inneren Frieden und ein erfülltes Erwachsenenleben, nicht mehr allzu lange genießen.
Mögen heute genug intelligente, bewusste und liebevolle Menschen Ihre Aufmerksamkeit darauf richten, dass es sich doch irgendwie gelohnt haben könnte und seine Vision lebendig bleibt..
In diesem Sinne: Namaste (Indien) Na Basst Eh (Wien)
Vismay
Vismay Georg Huber gibt seit 1991 das AURA Magazin in Südbayern heraus. Geboren wurde er 1965 in Rosenheim. Ausgebildet als Grosshandelskaufmann fand er sich schon sehr früh auf der Suche nach Selbstverwirklichung und seiner Berufung. Von 1990 – 1996 war er bei der Connection Medien GmbH tätig. Als Seminarleiter (Tantra, Meditation u.ä.) tätig ist er seit 1991. Seiner Ausbildung als Spiritueller Therapeut folgte seit 1994 die Tätigkeit in eigener Praxis in Energiearbeit, Coaching und Aqua Balancing. Als Autor erschienen von Vismay Georg Huber bisher „Body, Soul & Tantra“ (Falken), „Tantra, Sex & andere Mysterien“ (Innenwelt), „Nur ein Wort“ (Kamphausen/Tao.de) und „Sag mir ein Jahr“ (Wunderbar Publishing). Vismay ist Vater von drei Kindern und lebt in Oberbayern. Fortsetzung folgt…
1 Kommentar
Lieber Vismay, da du meinen Namen explizit erwähnst und das auch noch in Zusammenhang mit „Guru“, mag ich mich kurz zu Wort melden.
Wer das, was ich tue, auf „lichtvolle Version spiegeln…“ reduziert, hat sehr wahrscheinlich nie ein Buch von mir gelesen oder eines meiner Seminare besucht. Guru ist das Letzte, was ich mit mir assoziieren würde. Da unser Ansatz als essentielle Elemente auch die Schatten-, Drecks-, Vergebungs- und Hausaufgaben-Vollendungs-Arbeit enthält, gehe ich mal davon aus, wir werden noch eine Weile gebraucht. 😉
Genau wie das wundervolle Tantra, was du offenbar anbietest. Ich wünsche dir alles Gute und uns allen frohes, integrales Erwachen.