Im → Schamanismus ist der Gebrauch von bewusstseinserweiternden Pflanzen und Pilzen weit verbreitet. Dazu gehören im sibirischen Schamanismus der Fliegenpilz, im südamerikanischen Yagé bzw. Ayahuasca (aus der Liane Banisteriopsis caapi gewonnen), Kakteen wie → Peyote, San Pedro-Kaktus und Teonanacatl; ferner psilocybinhaltige → Pilze, das Windengewächs Ololiuhqui, in Afrika die Rinde Yohimbé sowie in Griechenland der Mutterkornpilz, der bei den Eleusinischen Mysterien Verwendung fand.
Auf allen Kontinenten kommt eine Vielfalt von psychoaktiven bzw. entheogenen („geistoffenbarende“) Pflanzen vor. Im Amazonasgebiet und im Bergdschungel Südamerikas etwa werden verschiedene Pflanzen zur spirituellen Heilung und Bewusstseinsveränderung benutzt. Die wichtigsten sind der Tabak und die Ayahuasca-Liane. Vermutlich arbeiten die → Schamanen schon seit 5 000 Jahren damit. Der Ayahuasca-Sud wird v.a. aus zwei Pflanzen hergestellt: Chacruna (Blätter eines Busches) und Ayahuasca (eine Liane). Ayahuasca hat viele Namen: Liane der Seele, Liane des Todes, Liane der Geister, Trank der wahren Wirklichkeit.
Durch eine besondere Zubereitung wird ein Trank hergestellt, der vom Schamanen und manchmal auch seinem Patienten eingenommen wird. Die Wirkung dieses DMT-haltigen Tranks (→ Zirbeldrüse) führt zu einem hellsichtigen, das Bewusstsein veränderten Zustand, in dem der Schamane die Ursache einer Krankheit erkennen kann. Je nach Ziel der Behandlung werden dem Trank auch andere „Meisterpflanzen“ zugesetzt. Doch seine Einnahme allein ist nicht für eine Heilung entscheidend. Ayahuasca bewirkt, dass der Schamane „sehen“ kann. Wenn er die Krankheit und ihre Ursachen „gesehen“ hat, zeigen ihm die Geister, welche Gesänge er singen und welche Behandlung er anwenden muss. Das mächtigste „Handwerkszeug“ amazonischer Schamanen sind seine → Icaros, seine Gesänge (→ Mantra).
Ein weiteres wichtiges „Hilfsmittel“ amazonischer Schamanen ist der Tabak. Der reine Urwaldtabak unterscheidet sich in vieler Hinsicht vom westlichen Virginia-Tabak, den die Schamanen als „Hundetabak“ bezeichnen. Ihr „Menschentabak“ ist nämlich nicht nur naturrein, sondern wird auch traditionell auf vielerlei Arten zur Heilung eingesetzt:
„Wenn ein Mensch erkrankt ist und der Schamane im Heilritual mit Tabak an dem Patienten arbeiten will, singt er als erstes ein bestimmtes Lied der Heilung, dann bläst er den Rauch des Tabaks über das Haupt des Patienten. Dabei wird mit den Händen über dem Scheitel ein geschlossener Kreis gebildet, wie ein kurzes Rohr. Er bläst den Tabak dreimal vom Haupt her über den Körper des Patienten, bis herunter zu den Füßen. Zwischen jedem Vorgang des Beblasens singt der Schamane immer das gleiche Lied. Am Tabakrauch erkennt er, ob der Patient geheilt werden kann oder nicht. Wenn der Rauch des Tabaks, anstatt am Körper herunterzusinken und ihn im Rauch einzuhüllen, nach oben steigt, kann der Patient nicht geheilt werden oder wird sterben. Dann kann der Schamane nichts anderes machen, als ihn gut beim Sterben zu begleiten.“ (Nana Nauwald 2002, 167)
Außergewöhnliche → Bewusstseinszustände, welche die Biochemie des Körpers verändern und körpereigene Substanzen wie Endorphine aktivieren, können indes auch ohne diese psychoaktiven Mittel erreicht werden, und zwar durch Isolation, Müdigkeit, Hunger bzw. Fasten, → Trance, Rhythmus, → Tanz, Körperhaltungen.
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