Schamanismus kann man doch nicht an einem Wochenendkurs lernen, oder? Und doch konnte Judith Stromeyer nicht verhindern, dass sich Ihr Zuhause langsam in einen „schamaischen Haushalt“ verwandelte. Hier ihre vergnüglich zu lesenden Erfahrungen…
Von Judith Stromeyer
Das Telefon läutet. Mist! Ich bin mitten im Großputz, am Wochenende steht ein Seminar an. Ich schalte widerwillig den Staubsauger aus, raufe mir die eh schon hoffnungslos zerzausten Haare und haste zum Telefon. Ich stolpere ungeschickt über den vollen Hundenapf, die kleinen harten Kügelchen aus getrockneten Fleischabfällen kullern durch den frisch gesaugten Flur, ich schaffe es gerade zum letzten Klingeln an das Telefon. Zu spät!
Minuten später meldet sich die Sprachbox. Eine muntere Frauenstimme mit norddeutschem Akzent plaudert mit dem AB. „Schönen Guten Morgen, Katrin Keller hier von XXX. Wir möchten gerne eine Sendung über den ähh…spirituellen Alltag und die …Bräuche einer …ähhh, ja…schamanischen Familie drehen. Wenn Sie mögen, rufen Sie mich doch für ein Gespräch zurück.“
Ich bin baff und setzte mich einen Moment auf die Treppe. Eine Fernsehsendung über eine „schamanische Familie“?? Ja fällt denen denn sonst nichts mehr ein? Ich muss unwillkürlich kichern, bei dem Gedanken an ein Filmteam in unserem „schamanischen Haushalt“. „Sehr geehrte Damen und Herren, hier sehen sie den schamanischen Staubwedel.“
Ich fuchtele theatralisch mit dem Putzlumpen. „In Sekunden befreit er von energetisch unlauteren Geistern und reinigt das Haus von negativen Schwingungen. Und dieser schwarze Hund hier ist mitnichten nur ein Familienhund. Nein, sein Stammbaum geht direkt zurück auf Cerberus, den Wächter der Unterwelt. Wenn wir in unseren geheimen Ritualen dort hinreisen, bewacht er das Tor.“ Ich tätschele Balou den Kopf, worauf er eifrig schwanzwedelnd das Futter unter das Schuhregal fegt.
Ich sehe mich um. Was ist das denn, eine schamanische Familie? Und wenn wir das sind, wie leben wir denn?
Ich beschließe, vorerst nicht zurück zu rufen. Erst muss aufgeräumt, Mittag essen gekocht, geputzt werden, und das leider ganz ohne Hilfe schamanischer Gefährten. Also fische ich das verstreute Kinderspielzeug aus dem Hundekörbchen, kehre das Futter zusammen, nehme dem dicken Kater meine Lieblingsräucherfeder aus dem Maul und kratze mich damit Gedanken verloren hinter dem Ohr, versunken in die Frage, was Schamanismus überhaupt bedeutet. Für mich. Für unseren Alltag als Familie.
Das erste Problem taucht ja schon bei dem Begriff „Schamane“ auf. Es ist nicht eindeutig geklärt, woher das Wort überhaupt stammt. Diskutiert wird, ob der Begriff aus dem Tungusischen (evenkischen) stammt, „saman“, und im weitesten Sinne „denken, wissen“ oder aber auch „mit Hitze und Feuer arbeiten“ bedeuten könnte. Andere Theorien besagen, dass dieses Wort ursprünglich auch für die Tungusen ein Fremdwort war und aus dem Sankrit stammt: „Sramana“, was soviel wie „der religiöse Praktiker der Askese“ bedeutet (Quelle: Wikipedia, Prof. Dr. Christian Scharfetter). Na gut, es läßt sich offenbar nicht zweifelsfrei nachweisen.
Da ist nun dieses Wort, aber was verstehen wir darunter? Meine Lehrerin Cathérine Conradty hat es einmal so ausgedrückt:“Schamanismus ist in wenigen Worten so wenig zu erklären wie „Liebe“. Ein frisch verliebtes Pärchen hat für „Liebe“ eine ebenso andersartige wie auch richtige Beschreibung wie ein Mönch.“
Mein Mann beschreibt den Schamanismus für sich so: „Schmanismus ist die einzige Form der Spiritualität, die ich bisher kennengelernt habe, die vollkommen lebensnah ist. Wenn man sich erst einmal damit beschäftigt, kommt man nicht umhin, alles in diesem Licht zu sehen. Der Schamanismus ist dann im Leben so real wie der Stein, der vor mir liegt. Ich muss an nichts glauben. Ich muss nur hinsehen.“
Hmm, das ist wahr, so empfinde ich das auch, aber es hilft mir noch nicht, dieses Phänomen verständlich zu beschrieben…mein wissenschaftlicher Verstand giert zunächst nach Fakten. Wie beschreibe ich „den Schamanismus“ einem Menschen, der nur vage Vorstellungen von wild und ektstatisch trommelnden Gestalten im Federkostüm vor Augen hat? Ich könnte an dieser Stelle weit ausholende geschichtliche Fakten zu Papier bringen, Ethnologen zitieren, Schamanismus in seinen unterschiedlichen Ausprägungen beschreiben, versuchen, Rituale sibirischer oder südamerikanischer Schamanen zu beschreiben, mich auf den Core Schamanismus von Michael Harner berufen und würde mich doch immer weiter davon entfernen, was Schamanismus für mich bedeutet.
Also hier nur ein winziger Auszug aus den „Fakten“, ganz minimalistisch (wer mehr „lesen“ will, findet z. B. hier Infos: http://www.schamanismus-information.de/schamanismus/zeuge_alter_kultur.htm):
• Das Schamanentum ist wohl die älteste uns bekannte Form der Spiritualität. Erste Zeugnisse finden wir in den Steinzeithöhlen- vor etwa 20 000 Jahren geschaffen.
• Im Schamanentum wird von einer Beseeltheit der ganzen Natur ausgegangen. Stein, Pflanze, Tier- alles ist beseelt, lebendig, und miteinander verbunden.
• Das Schamanentum befasst sich mit dem Wissen über die verborgenen Kräfte der Schöpfung und Jahrtausende lang wirkten Schamanen als Heiler, Wahrsager, Weise und Künstler, in machen Naturvölkern ist dies auch heute noch der Fall.
• Wichtige Grundvoraussetzung für die schamanische Arbeit ist die Trance. Mit ihrer Hilfe gelangt der Schamanisierende in einen anderen „Bewusstseinszustand“. Wissenschaftlich darstellen lässt sich dieser veränderte Zustand des Gehirns über das EEG, das eine Änderung der Hirnwellen aufweist. Grob verallgemeinert lässt sich dazu sagen: Eine „schamanische“ Trance, die häufig durch akustische, monotone Reize und bestimmte Körperhaltungen hervorgerufen wird, beeinflusst das Wellenmuster der Gehirnströme. Es treten verstärkt Thetawellen auf, die wir im Alltag aus dem „Hinübergleiten in den Schlaf“ kennen. Empfehlenswerte Info zu dieser Thematik findet sich hier:http://lexikon.mystica.com.de/trance/.
So, das ist ja nun alles schön und gut, ich hab ein paar Infos darüber geliefert, wie Menschen sich einlesen und verlieren können, ohne dabei auch nur das geringste vom Wesen des Schamanentums zu verstehen. Denn Schamanismus ist vor allem eines: „Erfahrene“, erlebte Spiritualität. Kein Glaubenssystem, keine Religion. Alles, was ich in den letzten Jahren gelernt habe, hab ich am eigenen Leib erfahren. Klar, als wissenschaftlich geprägter (verdorbener?) Kopfmensch hab ich auch viel gelesen, das meiste davon hat mich auf meinem Wege doch deutlich behindert.
Aber wie kann man nun Schamanimus erfahren? Man will aber natürlich nur „authentische“ Erfahrungen machen, und keinesfalls auf der Neoschamanismus-Esowelle mitschwimmen. Bleibt also nur: In die USA oder die Mongolei fliegen, und darauf hoffen, einem „echten“ Schamanen zu begegnen, der dann auch noch die Gnade hat, einen zu unterrichten? Das ist keine Möglichkeit für den Normalsterblichen.
Also doch hier? In Deutschland? Wie findet man da zu schamanischen Erfahrungen? Und warum, höre ich immer wieder, warum muss das denn überhaupt sein? Was ist der Kick dabei? Was bringt Dir das? Diese Fragen beschäftigen mich beim Stall ausmisten, sie quälen mich unter der Dusche, sie hindern mich daran, einzuschlafen. Und weil ich nichts anderes zu bieten habe außer meiner eigenen Geschichte, muss ich wohl oder übel diese zunächst erzählen.
Im Studium, vor vielen Jahren, wollte mich ein guter Freund dazu überreden, ein Trommelseminar zum Thema „Schamanisches Reisen“ zu besuchen. Ich war entsetzt! Als geradlinige Atheistin und angehende Naturwissenschaftlerin wollte ich davon nichts wissen. Ich war geradezu beleidigt, dass er die Frechheit besaß, mich überhaupt so etwas zu fragen. Peinlich berührt lehnte ich ab.
Einige Zeit später bekam ich Schwierigkeiten. Ich studierte noch, war junge Mutter eines Kindes, lebte in einer glücklichen Beziehung, alles schien gut. Aber dann begann ich mich seltsam zu fühlen. Es fing damit an, dass ich auf Parties mit seltsamen Schwindelanfällen zu kämpfen hatte, mitunter wurde ich sogar bewusstlos, und dies ganz ohne jeglichen Einfluss von Drogen oder Alkohol.
Natürlich dachte ich an eine organische Ursache, ließ mich durchchecken – nichts. Und es wurde schlimmer. Ich konnte mich schließlich in keinem Raum mehr aufhalten, in dem sich mehr als 10 Menschen befanden. Ich bekam die Diagnose „generalisierte Angststörung“ gestellt, machte eine Therapie gegen Panikattacken, und lernte, mehr schlecht als recht, damit zu leben. Aber das Entsetzen blieb – ich musste mir das eingestehen, wovor ich in der Nachbeschau schon mein ganzes Leben geflohen war: offensichtlich „funktionierte“ ich nicht „so gut“ wie die meisten anderen Menschen.
Offenbar hatte ich ein übersensibles Nervensystem mit fehlerhaften Filtern. Ich versuchte also, den „Input“ herunterzuschrauben, zog mich zurück. Nach und nach tastete ich mich dann doch, zumindest auf intellektueller Ebene, an mein „anders Sein“ heran. Bücher über „hochsensible Menschen“ erklärten mir einiges. Aber immer noch fand ich keine befriedigende Möglichkeit, um mit mir selbst klar zu kommen. Ich las und las, immer auf der Such nach dem „Warum?“ und landete schließlich durch Zufall bei dem Buch „Die Lehren des Don Juan“ von Carlos Castaneda.
Mit einer Mischung aus Entsetzen und Faszination las ich den „Bericht“ dieses Ethnologen. Ich fand das Buch nicht mal besonders gut, aber ich las es zu Ende. Und seit dem verschlang ich nahezu alles zum Thema Schamanismus, was mir vor die Füße fiel.
Um dann eben jenen denkwürdigen weiteren Schritt zu tun: Ein Seminar zu besuchen. Ich warf meine hehren Ansprüche bezüglich traditioneller und „authentischer“ Erfahrung schlichtweg über Bord und surfte ganz schnöde im Internet. Nach einigem Suchen fand ich auch tatsächlich die Homepage einer fränkischen Medizinfrau, die, selbst nach mehrfach kritischem Lesen einfach nicht nach esoterischer Scharlatanerie klingen wollte. Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen, und meldete mich zu einer Seminarreihe an (natürlich nur, um mir im Selbstversuch zu beweisen, dass das alles natürlich doch Schwachsinn war).
Das Seminar war überraschend berührend,wunderbar, lustig und zuweilen traurig, aber vor allem eins-bodenständig und lebensnah. Die Leiterin hatte Biologie studiert, und war alles andere als eine rasselschwingende Hexe im Knochenkostüm. Also lernte ich schließlich doch noch schamanisch zu reisen, ich ging in Schwitzhütten, ich glaubte, die Welt zu verstehen, wurde eines besseren belehrt, machte trotzdem weiter-und konnte langsam aber sicher damit aufhören, mit meiner bis dahin verhassten Überempfindsamkeit zu hadern.
Ganz im Gegenteil, zum ersten Mal in meinem Leben war sie mir nun von großem Nutzen. Das Eintauchen in die Welt des Schamanentums mit ihren Ritualen und Tranceerlebnissen war wie ein Erinnern, ein Nach-Hause-Kommen, und ich wurde eine Lernende, eine Schülerin der andersweltlichen Gefährten und Geister. Und dabei bin ich geblieben. Das ist alles….
Und doch. Der Zweifel bleibt, bzw. kehrt immer mal wieder, vor allem im Alltag. Kann man das, hier schamanisch leben? Ist das nicht ein großer Selbstbetrug? Wo leben wir denn? Hier gibt es doch gar keine schamanische Tradition? Wer lehrt mich? Wie kann ich den initiiert werden- und wer bezeugt die Initiation? Strukturen gibt es hier nicht mehr. Und- wer braucht denn in Deutschland schon „Schamanen“?? Ich zweifle immer wieder, aber im selben Maße lerne ich einfach weiter. Ich habe immer noch Angst, aber ich gehe trotzdem weiter. Ich erlebe „Beweise“ der Existenz der Spirits, die mich lehren, was mich nicht daran hindert, hin und wieder doch noch zu zweifeln.
Aber langsam, ganz allmählich, zog das Schamanentum, heimlich sill und leise, in das Alltagsleben meiner Familie ein. Die Sicht, der Blick auf das Leben änderte sich, behutsam, unspektakulär, ganz selbstverständlich. Unsere Kinder wachsen damit auf.
Es ist ihnen heute ganz vertraut, dass die Trommel als „Reisepferd“ im Wohnzimmer liegt, oder auch, dass gestorbene Tiere, wie z. B. das alte Pferd der Nachbarin, manchmal als Trommel „wiedergeboren“ werden.
Wer sich eine Erkältung zugezogen hat, wird erst mal geräuchert .
Wir werfen unter Umständen das Orakel, wenn uns etwas unklar ist.
Wir sind viel draußen, an besonderen Plätzen, sammeln Federn, Steine, Knochen, Kräuter und erzählen Geschichten darüber…wir machen Feuer im Garten, wenn wichtige Entscheidungen anstehen, wir feiern den Lauf der Jahreszeiten, und es kann vorkommen, dass ich die Krähen im Garten anspreche, oder mein Mann sich in stumme Zwiesprache mit einem Stein versenkt.
Wenn ich merke, es gärt ein Problem in mir, hoffe ich auf die nächste Schwitzhütte.
Unseren Nachbarn mag das Medizinrad wie eine seltsame Form der Gartengestaltung vorkommen, aber es ist in einem langsamen Prozess „gewachsen“, und ich spüre, wie es die Dinge und diesen Ort verändert, auch wenn es in seinem Aufbau keiner uralten, „heiligen“Tradition entspricht.
Für unsere Kinder ist die Gegenwart ihrer Krafttiere real. Ihre „unsichtbaren Freunde“ sind Teil unserer Gespräche am Mittagstisch, und ihre Anwesenheit gehört zum Alltag.
So entsteht im Laufe der Jahre etwas „Neues“ aus den kläglichen Resten, die wir in Europa noch haben, zusammen mit dem, was ich von anderen Kulturen lernen durfte. Ich habe gewühlt in alten christlichen (katholischen) Bräuchen, und mit diesem speziellen Blickwinkel kommt selbst dort so einiges durchaus „Schamanisches“ zu Tage…
Und ich bin den Lehrern aus anderen Kulturen, in denen der Schamanismus weniger verschüttet ist, sehr dankbar, dass sie ihre Rituale mit uns teilen. Sicher, niemals werden wir dadurch zu „echten“ Lakota oder sibirischen Schamanen, das ist klar. Und auch das naturverbundene, in ein Stammessystem eingebundene Leben der „früheren“ Schamanen können wir niemals mehr führen. Aber die alten Rituale aus anderen Kulturen schenken uns eine Brücke, mit deren Hilfe wir es vielleicht schaffen, eine Naturspiritualität zu (be)leben, die alltagstauglich und „erdig“ ist, anstatt abgehoben und weltfremd.
Und die ihren Platz hat, in genau dieser Welt, an diesem Ort, in Hessen, in Franken oder wo auch immer.
Einer der letzten „echten“ Schamanen, der Tuwa-Stammesführer Galsan Tschinag hat dazu kürzlich gesagt: „Es geht darum, das Alte mit dem Neuen zu verbinden, damit es lebendig bleibt. Ich betrachte mich durchaus als modernen Schamanen. Und ich finde es ungemein praktisch, wenn ich mir bei einem Patienten unsicher bin, und dann mit dem Handy meine Kollegin anrufen kann, damit sie ebenfalls ihre Orakelsteine wirft, und ihre Geister dazu befragen kann.“ Außerdem arbeitet er ganz selbstverständlich mit Schulmedizinern und anderen Therapeuten zusammen, denn: „Man muss ja alles tun, um dem Menschen zu helfen.“ Warum fällt diese Sicht der Dinge den Menschen hierzulande so schwer?
Aber ich schweife ab. Was werden die Damen und Herren vom Fernsehen wohl sehen, wenn sie hierherkommen? Ein altes, windschiefes Bauernhaus, eine für deutsche Verhältnisse große Familie, viele Tiere (und ich hoffe inständig, der schwarze Höllenhund schlägt sie nicht sofort in die Flucht, und Katzenallergie darf auch keiner haben), einen eklatanten Mangel an Medienspielzeugen (den Fernseher werden sie vergeblich suchen), ein paar Knochen und Federn, ein wenig Räucher- und Stallduft, und Menschen in Jeans und Pulli mit einem Faible für Biolandwirtschaft, naturnahe Lebensweise und einer guten Portion lebensrettenden Galgenhumors.
Nach zwei Wochen reiflicher Überlegung, schlaflosen Nächten und Auseinandersetzung mit dem „Unwort Schamanismus“ greife ich zum Telefon, um die muntere Fernsehdame anzurufen. Ich fühle mich jetzt halbwegs bereit, meine Sicht der Dinge, wenn schon nicht zu erklären, dann immerhin zu beschreiben. Ein freundlicher Herr meldet sich. „Ähhem, ja ich hätte gern die Frau Keller gesprochen, es geht um die Sendung über die schamanischen Familie…“ Iritiertes Schweigen….ich sehe ihn vor mir, jung,modisch gekleidet, der aufstrebende Medienwissenschaftler. Er denkt: „Oh nein, wieder so eine Irre, die unbedingt ins Fernsehen will..“. Ein vorsichtiges Räuspern. „Kleinen Moment bitte,“ sagt er unverbindlich, und die nächsten Minuten lausche ich sphärischen Klängen. Dann: „Hören Sie? Frau Keller ist, ähm, momentan zwangsbe…., äh, im Urlaub. Ihre Projekte sind bis auf weiters auf Eis gelegt. Aber wir haben ja ihre Daten, und herzlichen Dank auch für ihre Mühen.“ Klack. Aufgelegt. Da stehe ich nun…hilflos schwankend zwischen purer Erleichterung und widerwilliger Enttäuschung.
Und dann höre ich ein leises Lachen. Es quillt aus allen Ecken und Ritzen unseres „schamanischen Haushaltes“ und hüpft und perlt durch den unaufgeräumten Flur wie Staubkörnchen in der Morgensonne. Ich kann die Geister, die Spirits förmlich sehen, die „keltischen“, die indianischen, die mongolischen, ja, und die aus unserem Garten, wie sie hemmungslos kichern, und gestikulieren und sich gegenseitig auf die Schultern klopfen, geradezu kindlich begeistert über den gelungenen Scherz, den sie mir gespielt haben.
Und die alte Weise Großmutter sitzt schweigend in der Ecke, schmaucht gemächlich ihre lange Pfeife und nickt mir anerkennend zu.
„Na also,“ scheint sie zusagen, „jetzt bist Du endgültig auch eine von den Verrückten.“
von Judith Stromeyer
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Judith Stromeyer, Jahrgang 1978, Agraringenieurin und Gesundheitspraktikerin, lebt mit ihrer Familie und zahlreichen Vierbeinern auf einem alten Hof im wilden hessischen Vogelsberg. Das Schreiben ist seit ihrer Jugend Lebenselixier, Leidenschaft, Notwendigkeit, Freiheit des Geistes und Alltagsritual.
6 Kommentare
Liebe Judith,
danke für diesen wunderbaren Artikel. Musste so lachen, die Beschreibung über die Fernsehsendung einer schamanischen Familie. Und die Vorstellungen, die dir dabei kamen.
Und auch sonst, einfach ein toller Artikel 🙂
LG
Ellena
Liebe Judith,
ein wunderbarer Artikel, der mich sehr berührt. Ich habe mir deine Website angesehen und vieles gelesen. Wunderbar, macht weiter, lasst euch nicht von kleinen grauen Geistern in Nadelstreifen nerven. Den ich-ess-blumen-Artikel habe ich auch schon vor einiger Zeit hier bei Mystica gelesen. Danke fürs Teilen, ich behalte deine Aktivitäten und Website im Hinterkopf. Es ist sehr wichtig, was ihr tut, für euch und für andere Menschen und Wesen. Schön, zu sehen! Sehr ermutigend!
Alles liebe,
Marianne
Da lacht mein praktisches und pragmatisches Gemüt. Danke, ein toller Artikel. Das Leben im Alltag in Verbundenheit mit der Spiritualität wird leider selten beschrieben. Auch die Auseinandersetzung mit den Begrifflichkeiten und was sehe ich denn hinter meinem Tun, hinter meiner Erkenntnis von dem was ist, ist eine erfrischende Abwechslung. Freue mich über jede Geschichte, die diese Verbundenheit im Alltag, im praktischen Umsetzen wiedergibt. Und wenn diese Geschichte auch noch so humor – und liebevoll erzählt wird – ich hätte auch gerne mehr davon.
Liebe Petra, freu mich sehr, wenn was „ankommt“, das motiviert mich, weiter zu machen…Danke! Und einen wunderschönen Frühlingsstart Euch allen!
Grüße, Judith
Sehr schöner Artikel zum Thema! Vor allem den Part mit der Hochsensibilität kann ich aus eigener Erfahrung sehr gut nachvollziehen. Es fehlen solche Artikel, die die Spiritualität in dieser Form mit dem Alltag verbinden – mehr davon!
Lieber Frank, danke für das Feedback! Bin inzwischen ganz froh über meine „Empfindlichkeit“, denn ohne sie wäre mir vieles verschlossen geblieben.Grüße!