Die theoretischen Unterscheidungen des Selbst der verschiedenen Lehren sind oft unklar und undifferenziert. Für den Psychologen C.G. Jung ist „Selbst“ ein empirischer Begriff für den Gesamtumfang aller psychischen Phänomene beim Menschen. Es drückt die Einheit und Ganzheit der Gesamtpersönlichkeit aus. In diesem Modell umfasst der Begriff Erfahrbares und Unerfahrbares, Bewusstes und Unbewusstes. Im → Hinduismus ist Atman, ein Begriff, der meist mit „höherem Selbst“ übersetzt wird (→ Anatman), der Geist in allem, eine Manifestation von → Brahman, der Weltseele. Die meisten westlichen Lehren (z.B. die → Theosophie) sprechen von einem höheren Selbst, was so viel wie „das Göttliche im Menschen“ bedeutet.
Der Bewusstseinsforscher J.G. → Bennett (1977) unterscheidet vier Ebenen des Selbst:
1. das materielle Selbst, das den unbewussten Zustand des Menschen regiert;
2. das reagierende Selbst, das den normalen Wachbewusstseinszustand bestimmt, die menschliche Sensibilität, auf andere Lebensformen zu reagieren;
3. das geteilte Selbst, das teilweise in der natürlichen Welt und teilweise in der bewussten Welt (→ Bewusstsein) verankert ist; und
4. das wahre Selbst, das dem genannten höheren Selbst entspricht.
In diesem Modell ist das Selbst noch mit der existenziellen Welt verbunden, während das wirkliche Ich, das dem indischen Atman entspricht, aus der geistigen Welt kommt und im Zentrum des Menschen, seinem „wahren“ Selbst, erst seinen Platz einnehmen kann, wenn der Egoismus und die Selbstzentriertheit des Menschen ausgeräumt ist.
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