Jedes Glaubenssystem arbeitet mit spirituellen Bildern bzw. Vorstellungsbildern von der geistigen Welt. Während in polytheistischen → Religionen die ursprünglichen Naturkräfte zu Gottheiten personifiziert wurden, zu Götterbildern (→ Avatar), griffen die monotheistischen Religionen auf eine abstraktere Gottesvorstellung zurück. Doch auch in diesen Glaubensbildern wird Gott, Allah oder Jahwe in der Vorstellung der Gläubigen als übermächtige Person gesehen, nicht als abstrakte, unvorstellbare und alles umfassende Kraft. Wer sich eine Vorstellung von etwas machen kann, hat dadurch die Möglichkeit, sich mit diesem Vorstellungsbild zu verbinden. Das gilt auch für andere → Visualisationen.
Ein spirituelles Bild ist mehr als eine existierende Sache. Ein spirituelles Bild hat eine größere oder stärkere Wirklichkeit als etwas greifbar Existierendes. Die Gegenwart von hl. Bildern, auch in Verbindung mit → heiligen Orten, bedeutet für Suchende wie Gläubige, dass es Kräfte jenseits materieller Bedingungen gibt. Geistige Bilder haben für diese Menschen eine tiefere Wirklichkeit und größere Macht als sichtbare Dinge und Personen. Es sind Bilder, die die Welt bewegen, d.h. wenn sich die Vorstellungswelten ändern, verändert sich auch die materielle und gesellschaftliche Welt. Diese Idee entspricht auch in gewisser Weise der konstruktivistischen Philosophie, die letztlich besagt, dass die menschliche Vorstellungskraft die Wirklichkeit gestaltet.
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