Visionssuche (engl. „vision quest“)
Die Visionssuche ist üblich im Rahmen der schamanischen Initiation. Soziale Deprivation (Isolation für längere Zeit), Nahrungs- und Schlafmangel, häufig auch psychologischer Stress bereiten darauf vor.
Bei den nordamerikanischen Ureinwohnern und auch bei sibirischen Schamanen bildet die Suche nach Visionen einen Schwerpunkt des → Schamanismus. Der Kandidat begibt sich dabei allein an einen einsamen Ort, fastet und lebt so eine Zeit lang (in Nordamerika meist vier Tage, in Südamerika oft über Wochen); bei einem kürzeren „Retreat“ (Rückzug, wird auch in anderen Traditionen praktiziert) versucht er die ganze Zeit wach zu bleiben. Während dieser Zeit kann der Betreffende einen veränderten Bewusstseinszustand erreichen und eine innere Vision empfangen, die ihm große Medizinmacht oder schamanische Kräfte gibt.
Im tibet. Chöd muss sich der Kandidat an einen abgelegenen, wilden Ort begeben, meist einen Leichenplatz oder einen Friedhöof. Die Idee dahinter ist, die falsche Vorstellung eines Ichs (Atman) abzuschneiden, indem man den eigenen Körper den Dämonen opfert. Diese Art der Visionssuche wird heute noch in der Kagyüpa-Tradition gelehrt (→ tibetischer Buddhismus). Siehe auch: → Schamanismus, Nordamerika.