„Du hast ein Recht auf Handeln, aber nur auf das Handeln an sich, niemals auf dessen Früchte. Lass nicht die Früchte zum Beweggrund deines Wirkens werden! Und sei nicht der Untätigkeit verhaftet. Fest gegründet im Yoga, vollbringe deine Taten als einer, der jegliche Haftung aufgegeben hat und gleichmütig geworden ist hinsichtlich Misslingen und Erfolg! Denn Ausgeglichenheit ist der Sinn des Yoga.“ (Bhagavadgita 1981, 19 Aurobindos Version.)
Die meisten Menschen verbinden heutzutage den Begriff Yoga mit dem → Hatha-Yoga, der als Gesundheitstraining des Körpers weit verbreitet ist. Der klassische Yoga indes besteht aus eigenständigen Erfahrungs- und Erkenntnismethoden, die unter diesem Begriff gesammelt werden. Das Wort leitet sich von der Wurzel yuj her, was „anjochen“ bedeutet, womit die Harmonisierung und Vereinigung von Körper und Geist gemeint ist. Dem dt. Yogaforscher J.W. Hauer zufolge soll der Begriff schon in den Veden gebraucht worden sein, doch erst in den → Upanischaden wird er weiter definiert.
Der so genannte klassische Yoga, der auf Patanjali (→ Raja-Yoga) zurückgeht (der es jedoch nicht erfand, sondern in den Yoga-Sutras „nur“ systematisierte), ist mehr eine philosophische Begründung als eine reine Methodik, weshalb er zu den philosophischen Schulen gezählt wird. Die Lehre des → Buddha ist dagegen eine pragmatische Yoga-Praxis, die im Grundsatz die Philosophie über die „letzten Dinge“ ablehnt.
„Der Yoga ist die Technik der Bewusstseinseinung par excellence. Darin besteht seine einzigartige Bedeutsamkeit. Was immer auch die weltanschauliche Färbung dieser oder jener Schule bzw. Richtung des Yoga sein mag, ihr innerstes Anliegen ist stets ohne Fehl die Einung des Normalbewusstseins und seine letztliche Überformung in die transzendente Bewusstheit des ‚Sich’ (atman).“ (Georg Feuerstein 1981)
Und mit Mircea Eliade kann man hinzufügen:
„Die Ansiedelung der Yoga-Technik mitten im Herzen des Hinduismus geschah in einem Moment der Krise der Orthodoxie, und zwar genau in dem Moment, wo diese die mystischen, ‚sektiererischen’ Bewegungen en bloc zur Gültigkeit erhob. Im Lauf seiner Ausbreitung musste der → Brahmanismus – wie übrigens jede siegreiche Religion – viele Elemente akzeptieren, die ihm zuerst fremd, wenn nicht feindlich waren … Auf jeden Fall aber war eine der Hauptursachen dieser Wandlung das Bedürfnis der Massen des Volkes nach einem konkreten religiösen Erleben, nach einer leicht zugänglichen, intimen, persönlichen mystischen Frömmigkeit. Nun boten aber die traditionellen yogischen Praktiken … genau ein mystisches Erlebnis dieser Art; unter Nichtachtung der Rituale und der theologischen Wissenschaft hielten sie sich fast ausschließlich an die unmittelbaren, konkreten, von ihrem physiologischen Substrat noch kaum abgehobenen Gegebenheiten.“ (Mircea Eliade 1977, 152)
Im Wesentlichen weisen alle Lehren auf die Einheit der Yogas hin, wofür in neuester Zeit Sri → Aurobindos Integraler Yoga ein Beispiel ist. Der integrale Yoga kann als eine Zusammenfassung der verschiedenen Yoga-Wege bezeichnet werden. Das Wort „integral“ bezieht sich darauf, dass „alles Leben Yoga“ ist, also eine Integration von spirituellen von weltlichen Lebensäußerungen enthält, was für Menschen im Westen wohl am zugänglichsten ist.
Das Konzept eines integralen Yoga ist übrigens nicht neu; er wird schon in den tantrischen Lehren (→ Tantra) oder in der → Samkhya-Philosophie explizit vertreten, die Aurobindo auch in gewisser Hinsicht weiterentwickelt hat. Siehe auch: → Bhakti-Yoga, → Karma-Yoga, → Kriya-Yoga, → Raja-Yoga.