Die Übertragungslinie der Südlichen Schule des chines. Zen fächerte sich in die „Fünf Häuser, Sieben Schulen“ auf, die sich in Details voneinander unterscheiden. Von diesen Linien gelangten die Rinzai-Schule und die Soto-Schule nach Japan. Einer der herausragenden Meister des japan. Zen war Hakuin Ekaku (1685-1768), der den Rinzai-Zen im 18. Jh. reformierte. In der Rinzai-Schule wird v.a. die → Koan-Praxis – die Arbeit mit unlösbaren paradoxen Ideen oder Geschichten – als besonders schneller Weg zur Verwirklichung der Erleuchtung (→ Satori) gelehrt, während in der Soto-Schule der „Zen der schweigenden Erleuchtung“ (mokusho) geübt wird, die Praxis des → Zazen ohne Hilfsmittel. Wie im → tibetischen Buddhismus wird dabei auch über → Mandalas oder abstrakte Eigenschaften meditiert. In seiner reinsten Form ist Zazen das Sitzen in einem Zustand gedankenfreier, hellwacher Aufmerksamkeit ohne Konzentration auf ein Objekt. Sitzen in Versunkenheit ist wesentlicher Bestandteil jeder Zen-Schule, da es um die unmittelbare Erfahrung des eigentlichen Wesens geht.
In der Traditionslinie der Rinzai-Schule richtet man sich nach genauen Regeln, um die Qualifikation eines Lehrers zu erkennen. Es gibt derzeit in Deutschland einige Lehrer, die von dieser Linie ihre Lehrbefugnis erhalten haben, während andere über andere Wege gelernt oder sich selbst autorisiert haben.
„Wollt ihr die Dinge richtig sehen können, dann lasst Euch von niemandem verwirren. Wer immer euch begegnet, außerhalb oder innerhalb von euch, den tötet sofort. Trefft ihr Buddha, dann tötet ihn. Trefft ihr einen alten Meister, tötet ihn. Befreit euch von allem, dann wird nichts mehr euch behindern. Löst euch von allem los und seid unabhängig.“ (Lin-chi/Rinzai, in: Oliver Bottini 2002, 200)
→ Mahamudra, der tibet. Zen, wurde begründet von Tilopa (988-1069), dem Naropa, Marpa, Milarepa und Gampopa nachfolgten. Vermutlich wurde durch Naropa das chines. Ch’an mit dem tibet. Buddhismus verbunden. Seit dem 12. Jh. ist der → Karmapa geistiges Oberhaupt der Karma-Kagyü-Linie (→ Tibet-Tantra). Zen wie Mahamudra bezeichnen ihre Lehre als „Geistdoktrin“ (tibet. nao-ba), bei der es um die Ergründung der wahren Natur des Geistes geht. Im Gegensatz zur analytischen Betrachtungsweise der indischen Yogacara-Schule betonen Zen und Mahamudra wie andere → Tantra-Traditionen die Übung. Mahamudra jedoch geht im Gegensatz zum japan. Zen der Südlichen Schule Schritt für Schritt vor und ist dadurch in mancher Hinsicht für einen Schüler leichter nachvollziehbar.
Die Faszination des Zen ist aber v.a. durch jene großen Meister begründet, deren unkonventioneller Lebensweg und Lebensstil sie zu Beispielen des ungebundenen, freien Zen-Geistes werden ließ. Das ist der „Zen der verrückten Wolke“, nach dem literarischen Namen, den der berühmte Zen-Dichter, Maler, Kalligraph und wandernde Lehrer Ikkyu annahm. Die „Verrückten Wolken“, vom weltlichen Leben losgelöste innovative Reformer, Rebellen und Radikale des Zen, waren meist wandernde Sucher und Weise, deren einzigartiger Weg die traditionelle Übung der Meditation sowie die spirituelle, soziale und politische Haltung des Zen-Buddhismus bis in die heutige Zeit hinein beeinflusste.